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Boxeraufstand in der Ukraine

31. Dezember 2013

klitschkowesterNach dem Zusammenbruch der „Orangenen Revolution“ vor drei Jahren hat die CDU-nahe Konrad- Adenauer-Stiftung, besorgt um die Wahrung deutscher Interessen in der Ukraine, laut NRW-Landtagsabgeordneten Werner Jostmeier (CDU), keinen Geringeren als Boxchampion Vitali Klitschko beauftragt, in der Ukraine eine rechtskonservative Partei, die Udar (Schlag) zu etablieren. Ein rechtes oppositionelles Dreierbündnis von „Udar“, „Swoboda“ und „Vaterland“ versucht seit einigen Wochen den Rücktritt des ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowytsch zu erzwingen, weil dieser an den Wirtschaftsbeziehungen zu Russland festhalten will und einem Anschluss an Europa kritisch gegenübersteht. Am 5. Dezember 2013 marschierte Guido Westerwelle bei einer Massenkundgebung in Kiew fest entschlossen, den Stutz des gewählten Präsidenten fordernd, in einer seiner letzten Amtshandlungen als Außenminister Schulter an Schulter mit Vitali Klitschko, worüber sich der russische Außenminister Lawrow beschwerte, worauf Westerwelle erwiderte: „Europäer lassen sich von niemandem vorschreiben, ob und wie sie zueinander finden.“ Ob diese kraftstrotzende Aussage auch gelten würde, wenn der russische Außenminister mit Alexsis Tsipras von der Syriza-Partei durch Athen marschieren, um den Austritt Griechenlands aus der EU und den Rücktritt der griechischen Regierung  verlangen würde?

Den Auftritt Westerwelles in Kiew kommentierte der Chef einer Moskauer Nachrichtenagentur: „Westerwelle sei als Schwuler wohl von den Körpern der Klitschkobrüder „erwärmt, ja überhitzt“ worden. Solcherlei homophobe Aussagen wären freilich ein guter Grund die Olympischen Spiele von Sotschi zu boykottieren.  „Der deutsche Bundespräsident tut dies, um sogleich den Verdacht zu zerstreuen, er tue es aus Solidarität mit Russlands Homosexuellen: Er habe es, ließ er wissen, für seinen armen Vater getan, den die Sowjets in den Fünfzigern für ein paar Jahre aus dem Verkehr gezogen hatten. Dies Schicksal, hat Gauck einmal geschrieben, sei für ihn »zur Erziehungskeule« geworden und habe ihn »zur unbedingten Loyalität gegenüber der Familie« verpflichtet. Die Familie, der Gauck zu unbedingter Loyalität sich verpflichtet fühlt, war eine nationalsozialistische Musterfamilie: die Mutter seit 1932 in der NSDAP, der Vater seit 1934, der Onkel seit 1931, ein Gruppenführer der SA (»Übermorgen habe ich Exekution«, schrieb er am 5. Dezember 1944 an seine Frau), nach dem Krieg war er höchster kirchlicher Würdenträger der evangelischen Landeskirche Mecklenburg“, schreibt Hermann L. Gremliza zu der Thematik in seiner Konkret Kolumne (1/2014). Nicht nur boykottieren sondern verhindern wollen die Olympischen Winterspiele islamistische Terroristen, die kürzlich mit Selbstmordattentaten und Bombenanschlägen in Wolgograd, vormals Stalingrad, mehr als 30 Menschen ermordet haben, obwohl der Autokrat Putin mit den islamistischen Regierungen in so gut wie allen UN Resolutionen gegen Israel stimmen lässt. So gibt es die unheimlichsten Allianzen hüben wie drüben und es zeigt sich nebenbei wieder einmal, dass Appeasementpolitik mit Islamisten nicht vor Terror schützt.

Westerwelles und Klitschkos Europafreunde leben im Westen der Ukraine, im Umkreis einer Stadt die vor dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht 1941 Lwow hieß, danach Lemberg, ab 1945 wieder Lwow und seit 1991 Lwiw. Als Lwiw 1941 zu Lemberg geworden war, hatten die Deutschen in der Stadt und ihrer Umgebung 400.000 Juden und 140.000 russische Gefangene ermordet. Vor der deutschen Ankunft waren ein Drittel der Stadt Juden, 50 Prozent Polen und nur nicht einmal 16 Prozent Ukrainer. Nach der Befreiung durch die Rote Armee waren noch 0,3 Prozent der Ukrainer Juden. Die anderen waren der deutschen Mordmaschienerie und der Kollaboration ihrer Landsleute zum Opfer gefallen. Diese Ukrainer hatten sich „westlich“ und „europäisch orientiert“ und dem deutschen Vernichtungskrieg gegen Juden und russische „Untermenschen“ angeschlossen. Dass die „westlich“ und „europäisch orientierte“ Opposition, auf die Deutschland heute setzt, aus derselben Gegend stammt, ist bloß ein Zufall, so unschuldig wie viele andere Zufälle.

Wer nicht an Zufälle glauben will, gilt als verrückt wie die dreißig Knesset-Abgeordneten, die den Präsidenten des Europäischen Parlaments vor der ukrainischen Partei Swoboda („Freiheit“) gewarnt haben, weil diese gegen Juden und Russen agitiere und öffentlich die Massenmorde preist, die von der ukrainischen Unterabteilung der SS begangen worden sind. Swoboda bildet, einer Studie der New Yorker jüdischen Wochenzeitung „The Allgemeiner Journal“ zufolge, ein Netzwerk mit Timoschenkos Vaterlandspartei und Klitschkos Udar. Gegründet wurde Swoboda 2004 und die erste offizielle Aussage des Parteiführers Oleh Tjahnybok war, man werde die Ukraine aus den Krallen einer „moskowitisch-jüdischen Mafia“ befreien müssen. Außerdem meinte der Parteiführer von Swoboda, dass die Ukrainer eigentlich „soziale Nationalisten“ seien, die in Kürze eine „dritte Revolution“ beginnen müssten. Swoboda sieht sich in der Tradition ukrainischer NS-Kollaborateure, insbesondere von deren Anführer Stepan Bandera. Bandera beteiligte sich mit seiner Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) im Juni 1941 an der Seite NS-Deutschlands am Überfall auf die Sowjetunion und seine Milizionäre waren unter anderem in die Pogrome und Massaker involviert, mit denen die jüdische Bevölkerung Lembergs vernichtet wurde. Stephan Bandera wird heute in der Westukraine beinahe kultisch verehrt. So gibt es in der Westukraine zahlreiche Museen und monumentale Denkmale zu Ehren Banderas. Die Anhänger des Fußballvereins Karpaty Lwiw zeigen bei Heimspielen ihres Vereins regelmäßig große Transparente ihres Nazi-Idols.

In den meisten deutschen Medien, von ARD bis ZDF, von der „Bild am Sonntag“ bis zur „Bild am Montag“, werden Vitali Klitschko und die oppositionellen Demonstranten als wahre Freiheitshelden gefeiert. Es vergeht kaum ein Tag in dem nicht zur besten Sendezeit in der Tagesschau voller Solidarität mit den oppositionellen Demonstranten von Klitschko ausführlich  und wohlwollend berichtet wird. Randalierende und gewalttätige oppositionelle Demonstranten werden wie die friedlichen Oppositionsdemonstranten  als von der ukrainischen Staatsgewalt brutal unterdrückte Freiheitskämpfer und die östlich orientierten Gegendemonstanten als von der ukrainischen Regierung bezahlte Marionetten dargestellt. Als die Polizei kürzlich in Hamburg  wohl kalkuliert eine Demonstration  für den Erhalt Rote-Flora nach wenigen Metern stoppte eskalierte die Demonstration gewalttätig. Die meisten  deutschen Medien gaben die Schuld für die Gewalt ausschließlich den Demonstranten und gezeigt wurden nur verletzte Polizisten, ohne auch nur auf die Idee zu kommen, aus eigener Anschauung, bei Rettungsstellen, Krankenhäusern oder anderen Quellen die Zahl der verletzten Demonstranten in Erfahrung zu bringen. Aber einseitige Darstellungen sind sicher nur bedauernswerte und zufällige Ausnahmen. Jedenfalls wird der Boxeraufstand in der Ukraine von keinem westlichen multinationalen Truppenkontingent niedergeschlagen werden. Solche Zufälle gibt es selbstverständlich nicht.

siehe auch: Ukrainisches Roulette und Die Swoboda-Versteher

21 Kommentare leave one →
  1. 31. Dezember 2013 16:13

    Interessant, und sicher auch kein Zufall, dass ARD und ZDF als deutsche Medien nicht einmal darauf verwiesen haben, dass Wolgograd früher Stalingrad hiess.

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  2. 31. Dezember 2013 16:32

    Außerdem soeben dazugelernt:

    Vor allem im Westen der Ukraine wird Bandera heute von breiteren Bevölkerungsschichten als Nationalheld verehrt. In der Ostukraine, aber auch in Polen und Israel gilt Bandera hingegen überwiegend als Verbrecher und Nazi-Kollaborateur.

    Am 22. Januar 2010 verlieh der damalige ukrainische Präsident Wiktor Juschtschenko Bandera posthum den Ehrentitel Held der Ukraine. Die polnische und russische Regierung sowie das Europäische Parlament und viele andere Institutionen protestierten gegen diese Ehrung.

    Im März 2010 wurde vom neuen Präsidenten der Ukraine, Wiktor Janukowytsch, bekanntgegeben, dass Juschtschenkos entsprechender Erlass außer Kraft gesetzt wird und letztlich wurde Bandera der ihm posthum verliehene Ehrentitel wieder entzogen.

    Nach dem Zerfall der Sowjetunion unternahmen verschiedene Historiker und Politiker im Rahmen einer nationalen Selbstfindung den Versuch, Banderas Rolle zum Kämpfer für die ukrainische Unabhängigkeit umzudeuten, trotz der ideologischen Übereinstimmung zwischen Bandera und den Nazis. Der russische Historiker Ilja Altman, Autor von »Opfer des Hasses: Holocaust in der UdSSR«, weist nach, dass die Pläne der OUN inhaltlich an die »Endlösung der Judenfrage« des deutschen Nationalsozialismus anknüpfen. Im April 1941, also noch vor dem Einmarsch der Deutschen, lautet der Beschluss eines OUN-Kongresses: »Die Juden sind die am meisten ergebene Stütze des bolschewistischen Regimes und die Avantgarde des Moskauer Imperialismus in der Ukraine. OUN kämpft gegen die Juden, weil sie die Stütze des Moskauer bolschewistischen Regimes sind, gleichzeitig wird den Volksmassen erklärt, dass Moskau der Hauptfeind ist.« Im Mai 1941 heißt es in einer Instruktion »Zum Kampf und die Tätigkeit der OUN während des Krieges«, dass Juden im Gegensatz zu Polen und Russen auch in der Phase nach dem Krieg nicht assimilationsfähig sind, sie also vernichtet oder zwangsumgesiedelt werden müssten.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Stepan_Bandera

    http://www.jg-berlin.org/beitraege/details/nazikollaborateur-als-neuer-held-der-ukraine-i276d-2010-04-01.html

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  3. 4. Januar 2014 17:33

    Die Medienlandschaft zeigt eine „Morphologie“, als gäbe es in Hamburg aufgrund der Gewalttätigkeit von Demonstranten beinah nur verletzte Polizisten, in Kiew aufgrund der Gewalttätigkeit von Polizisten beinah nur verletzte Demonstranten. Wie man’s gerade braucht!

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  4. 10. Januar 2014 14:31

    Seit November flauen die regierungskritischen Proteste in der Ukraine nicht ab. Das Zentrum der Protestbewegung ist der Maidan-Platz, der »Unabhängigkeitsplatz« in der Hauptstadt Kiew. Die Jungle World sprach mit Denis Lewin über die Allgegenwart rechter Parolen, den Einfluss der rechtsextremen Partei Swoboda (»Freiheit«) und die Schwierigkeit, linken Positionen bei den Protesten Gehör zu verschaffen. Lewin ist Vertreter der freien ukrainischen Eisenbahngewerkschaft und Mitglied der linken Vereinigung Borot’ba.

    Viele Linke in der Ukraine stehen der europäischen Integration skeptisch gegenüber. Worin besteht deren Kritik und wie stark ist die Linke bei den Protesten auf dem Maidan vertreten?

    Die Kritik besteht darin, dass weder die europäische Integration noch ein möglicher Beitritt zur Zollunion mit Russland Lösungen für die Probleme der Ukraine und ihrer Bevölkerung bietet. Die neoliberalen Reformen werden nicht gestoppt, die Kommerzialisierung aller Lebensbereiche wird nicht beendet, sondern diese Prozesse werden sogar noch verstärkt. Außerdem befinden sich sowohl die Europäische Union als auch Russland, wie die ganze Welt, in einer schweren Krise und der Beitritt zu einem der neoliberalen Bündnisse befreit uns nicht von den Folgen dieser Krise. Wir benötigen eine tiefgehende soziale und ökonomische Umgestaltung, die unserer Gesellschaft die Möglichkeit bietet, sich zu entwickeln, die ein für alle erschwingliches und qualitativ hochwertiges Gesundheits- und Bildungssystem etabliert und akzeptable Löhne und Arbeitsbedingungen schafft. Die Linke ist auf dem Maidan praktisch nicht vertreten. Es gab mehrere Versuche von Linken, sich mit sozialen Forderungen dort zu positionieren, aber sie wurden mit Gewalt von den Rechten verdrängt. Das Programm auf dem Maidan wird von Rechtsradikalen diktiert, die dort für Sicherheitsfragen verantwortlich sind, und die Anführer der Proteste sind ohnehin rechte Politiker und Liberale aus der sogenannten Opposition.

    http://jungle-world.com/artikel/2014/02/49128.html

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  5. Jörg Behrens permalink
    20. Februar 2014 13:10

    Die russischer Machtpolitik in der Ukraine sowie die EU-Ostpolitik scheinen ein Teil des Problems zu sein. Deutschland mit Europa vertritt seine Interessen ohne Rücksicht auf Verluste. Ich schreibe das, ohne die Erpressungspolitik Russlands zu verharmlosen.

    Die seit Monaten einseitige Medienberichterstattung über die Ukraine ist nur noch lächerlich. Wenn vor dem Bundeskanzleramt monatelang Menschen Barrikaden errichten, Pflastersteine aus der Befestigung reißen, Autoreifen anzünden und Waffenlager plündern würden und dabei mehrere Polizisten ums Leben kämen dann würde in den Nachrichten anders darüber berichtet werden.

    Nicht zu vergessen die rechtsradikalen Parteien die sich in der ukrainischen Oppositionsbewegung tummeln. Jeder tote Demonstrant ist einer zu viel. Die tödlichen Schüsse auf die Demonstranten verurteile ich genauso.

    Wer Hass sät, wird Gewalt ernten!

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    • Friedrich Thomas permalink
      22. Februar 2014 16:58

      Genau so ist es. Die öffentlich-rechtliche Propaganda arbeitet perfekt. Mitten im „Frieden“ hat die Bundesregierung übrigens beschlossen, dass die Bundeswehr gegen schwere Unruhen eingesetzt werden darf. Wenn wir soetwas bald in Deutschland haben, dann wird die Propaganda täglich von „rechtsradikalen“ Ausschreitungen berichten, gegen die sie dann „selbstverständlich“ im Zweifelsfall militärisch vorgeht, ganz egal wie viele Menschen daran teilnehmen.
      Wozu sonst inszenieren uns Staat und Medien mit so viel Elan den Feind von gestern. Im Gegensatz zu allen anderen Problembereichen in der Gesellschaft, setzt man im Umgang mit der rechten Szene auf soziale Ausgrenzung, Behinderung der Meinungsäußerung, tägliche Schikanen und öffentliche Demütigung, bis die Wut überkocht.
      Man weiss in welche Richtung die EU abdriftet und man baut sich geschickt einen Bösewicht auf.
      Und wenn die Unruhen dann niedergewalzt wurden, dann hält die EU rein zufällig das europäische Gewaltmonopol in den Händen und feiert das große Friedensprojekt (gleiches Spiel wie mit dem Euro und dem ESM).

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