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Alain Finkielkraut und die Niederlage des Denkens

21. Januar 2020

Als Sohn eines  jüdischen Lederwarenhändlers, der  Auschwitz überlebte, wurde der französische Philosoph Alain Finkielkraut am 30. Juni 1949 in Paris geboren. Finkielkraut lehrt Philosophie an der École polytechnique, ist Mitglied der Académie française und gehört mit André Glucksmann, Bernard-Henri Lévy, und Pascal Bruckner zu den bekanntesten Intellektuellen der „Neuen Philosophen“ die den Humanismus über gemeinschaftliche und ideologische Ideale stellen.

Einerseits bezeichnete Finkielkraut 2013 den Front National als „die einzige Partei, die die Franzosen mit ihrer verunsicherten Identität ernst“ nehme und beklagte zu gleich das Marine Le Pen sich dadurch herausnehmen kann, sich als Verteidigerin der republikanischer Werte darzustellen und andererseits unterstützte Finkielkraut bei den Vorwahlen der Linken den ehemaligen Premierminister Manuel Valls. Als Finkielkraut  im Februar 2019 am Rande einer Demonstration der Gelbwestenbewegung in Paris Opfer antisemitischer Pöbeleien und Übergriffe durch radikale Islamisten wurde, entbrannte in Frankreich erneut die Diskussion um den muslimischen Antisemitismus, der schon oftmals in Mord und Folter an französischen Juden seinen Höhepunkt fand, weswegen in Frankreich jedes Jahr zehntausende Juden nach Israel oder in die USA auswandern.

So hat beispielsweise in Toulouse im März 2012 der islamistische Terrorist Mohammed Merah in einer jüdischen Schule drei jüdische Kinder und einen jüdischen Lehrer jeweils mit einem aufgesetzten Kopfschuss ermordet.Einem angeschossenen jüdischen Mädchen lief er hinterher, packte es an den Haaren um es mit angelegter Pistole hinzurichten. In Frankreich werden Juden ermordet, weil sie Juden sind und die Abstände der islamischen und antisemitischen Morde werden immer kürzer, so wurde beispielsweise im Jahr 2006 Ilan Hamili aus Paris von einer Gruppe muslimischer Einwanderer über einen Zeitraum von drei Wochen zu Tode gefoltert. 2015 wurden vier Juden von einem Islamisten in einem koscheren Supermarkt erschossen, bevor die Polizei den Laden stürmte und die restlichen Geiseln befreite. Die jüdische Ärztin Sarah Halimi war im April 2018 von ihrem muslimischen Nachbarn misshandelt und aus dem Fenster geworfen worden, weil sie Jüdin war. Im selben Jahr wurde die 85-jährige Holocaust-Überlebende Mireille Knoll ermordet.

In seinem Essay „Die vergebliche Erinnerung – Vom Verbrechen gegen die Menschheit“ von 1989 setzt sich Finkielkraut mit der Verteidigung im Prozess von 1987 gegen den „Schlächter von Lyon“, den SS-Obersturmführer Klaus Barbie auseinander. Die drei Verteidiger Barbies, der Kongolese M’Bemba, der Algerier Bouaita und der Franzose Vergès traten im Prozess selbst als Ankläger auf. Sie relativierten während des Prozesses den Mord an den Juden um auf das „viel größere Verbrechen“ des  Rassismus abzulenken, „dass die Vernichtung der Juden ein Verbrechen von allenfalls lokalem Interesse, ein Blutstropfen Europas im Ozean des menschlichen Leidens sei und folglich allein das Gewissen der Weißen zu beunruhigen habe“, während in Wahrheit der unerklärte und von keinem Gericht geahndete Krieg der imperialistischen Staaten gegen die Dritte Welt den Gang der Geschichte bestimme: „Als Weiße vergießt ihr Tränen über das weiße Schicksal. Als Europäer bläht ihr einen Familienzwist zum Weltkonflikt und unverjährbaren Verbrechen auf. So von euch eingenommen wie ihr seid, so unempfindlich seid ihr für das Leid der wirklich Unterdrückten, ihr leckt eure eigenen Wunden und erhebt die Juden, das heißt euresgleichen, zu einer verfemten Nation, zu erwählten Märtyrern, um mit Hilfe jener Prüfungen, die ihr einmalig durchgemacht habt, leichter die Misshandlungen zu vergessen, die ihr ohne Unterlass die Völker des Südens erleiden ließet und lasst. Doch . . . so laute und so lange . . . Schluchzer über die Verbrechen der Nazis ihr auch hören lasst, so sind wir doch da, … und unsere polychrome Anwesenheit beweist, dass trotz all eurer Anstrengungen die Manipulation misslungen ist. Durch uns lacht die ganze Menschheit über euch und erklärt, dass euer Desaster nicht ihre Sache ist.“

So unfassbar es auch klingen mag, im antirassistischen Weltbild der Verteidiger Barbies ist die Feststellung von der Singularität der Shoah rassistisch. Der Barbie-Prozess wurde durch die Verteidiger Barbies laut Finkielkraut, durch „die  beispiellose Kumpanei von Repräsentanten der Dritten Welt mit einem Nazi-Folterspezialisten  zum Spottbild der Nürnberger Prozesse.“

Bereits in seinem wegweisenden Essay von 1987, der „Niederlage des Denkens“, welcher aktueller denn je ist, beginnt seine Kritik an „der Barbarei der modernen Welt“.  Johann Gottfried Herder, der mit seiner Behauptung  des „Volksgeistes“ als erster die übernationalen Werte der Aufklärung wieder auf nationale, regionale Gegebenheiten zurückführt, ist in dem Essay der Prototyp antiaufklärerischen Denkens. Der Text ist ein Rundumschlag gegen Neostrukturalisten, Identitäre, die damals noch „neue Rechte“ hießen, sowie Multikulti-Anhängern, die er „Dritte-Welt-Anhänger“ nannte. Finkielkraut wirft Ethnologen wie Lévy-Strauss, Soziologen wie Michel Foucault, antikolonialistischen Befreiungskämpfern wie Frantz Fanon, welche die „Zurückgebliebenheit“ der „primitiven Kulturen“ aufwerten, die den „Eurozentrismus“ des „weißen Mannes“ geißeln, antiaufklärerische Positionen vor. Alain Finkielkraut weist auf den Grundwiderspruch der Aufklärung hin: „Das Gebot der Toleranz gegenüber jedweden Ausdrucksformen anderer Kulturen stammt aus der Aufklärung und steht zugleich dem aufklärerischen Prinzip der Universalität des autonom denkenden Menschen entgegen.“ Finkielkraut kritisiert den Verfall des Denkens durch das „Wuchern“ des Kulturbegriffs. Damit würde das notwendige Spannungsfeld zwischen dem Respekt vor fremden Kulturen und der menschlichen Vernunft aufgehoben. Der weltweite Anspruch auf Einhaltung der Menschenrechte, den die Aufklärung formuliert und der in die Charta der Vereinten Nationen aufgenommen wurde, zerfällt. Scharf wendet sich Finkielkraut  gegen jeden Kulturrelativismus, denn die Kritik an der islamischen Ungleichheit zwischen Männern und Frauen zerstöre nicht deren Gemeinschaft, aber  die Toleranz gegenüber der Menschenverachtung der fremden Kulturen setzt ein überkommenes Denken in Begriffen der kulturellen Identität voraus. Finkielkraut kritisiert das antirassistische Weltbild, das sich selbst rassistischer Argumente bedient und das die Dimension von Auschwitz nicht verstanden hat.

Am Ende des Kapitels „Portrait des Entkolonialisierten“ schreibt Finkielkraut: „Um die erklärte Achtung der menschlichen Person in tatsächliche Anerkennung umzusetzen, haben sich die Ethnologie und mit ihr die gesamten Sozialwissenschaften an die Kritik des Geistes der Aufklärung gemacht. Um die großen humanitären Prinzipien von ihrem Formalismus, ihrer Abstraktion, ihrer Machtlosigkeit zu kurieren, unterbreitete die Leitung der American Anthropological Association schon 1947 den Vereinten Nationen den Entwurf einer Erklärung der Menschenrechte, deren erster Artikel folgendermaßen lautete: «Das Individuum verwirklicht seine Persönlichkeit durch die Kultur: die Achtung der individuellen Unterschiede erfordert demnach auch die Achtung der kulturellen Unterschiede.» Der Vorstoß war gut gemeint, doch ebenso ungeschickt wie derjenige des Bären, der dem Gärtner das Gesicht zerschmetterte, um die Fliege zu verjagen, die diesen in seinem Schlaf belästigte. Denn in dem Moment, wo man dem anderen Menschen seine Kultur zurückgibt, nimmt man ihm seine Freiheit: sein Eigenname verschwindet im Namen seiner Gemeinschaft, er ist nur noch ein Muster, der austauschbare Repräsentant einer bestimmten Klasse von Menschen. Unter dem Vorwand, ihn bedingungslos anzunehmen, verbaut man ihm jede Bewegungsfreiheit, jeden Ausweg, verbietet man ihm die Eigenständigkeit, lockt man ihn hinterhältig in die Falle seiner Andersartigkeit; man glaubt, vom abstrakten Menschen zum wirklichen Menschen überzugehen und hebt die Distanz zwischen der Person und ihrer Herkunftsgemeinschaft auf, die die Anthropologie der Aufklärung bestehen ließ und sogar zu festigen versuchte; aus Altruismus macht man den Anderen zu einem einheitlichen Block und opfert darin für dieses Gebilde die anderen in ihrer individuellen Realität. Eine solche Fremdenfreundlichkeit bringt die früheren Besitzungen Europas um die europäische Erfahrung mit der Demokratie.“

Die universellen Menschenrechte die durch die Aufklärung erkämpft wurden sollten nicht zugunsten einer „multikulturellen Gesellschaft“ aufgegeben werden. Beispielsweise die religiöse Rechtfertigung dass Frauen minderen Ranges seien ist inakzeptabel. Auch von Zugewanderten, wie von den Europäern selbst muss die Anpassung an die Aufklärung verlangt und die Menschenrechte müssten gegen mittelalterliche Religion und Aberglauben erkämpft und verteidigt werden. Die Gegenrenaissance hat viele Gesichter und sie ist verführerisch, weil sie uns „das Leben im Denken“ ersparen will.

Am Ende seines Essays schreibt Finkielkraut: „Die Barbarei hat sich zuletzt also doch der Kultur bemächtigt. Im Schatten dieses großen Wortes nehmen Intoleranz wie Infantilismus zu. Wenn die kulturelle Identität das Individuum nicht in seine Zugehörigkeit sperrt und ihm bei Strafe des Hochverrats den Zugang zu Zweifel, Ironie und Vernunft — zu allem, was es dem Schoß der Gemeinschaft entreißen könnte — verbietet, so tut dies die Freizeitindustrie, jene Schöpfung des technischen Zeitalters, die die Werke des Geistes zu Plunder (oder wie man in Amerika sagt, zu entertainment) macht. Und das „Leben mit dem Denken“ überlässt seinen Platz allmählich der schrecklichen und lächerlichen Gegenüberstellung von Fanatiker und Zombie.“

Der Multikulturalismus der die Gleichheit aller Kulturen propagiert, respektiert so gut wie alle kulturellen Bräuche ganz egal, wie reaktionär und menschenverachtend sie auch sein mögen. Laut ihrem Weltbild geht es Frauen in islamischen Gesellschaften nicht schlechter als in westlichen. Ehrenmorde werden mit Familiendramen gleichgesetzt und für den islamischen Terror wird der Westen oder die soziale Not der Terroristen verantwortlich gemacht. Für „antirassistische postkoloniale Linke“ ist die Kritik am Islam,  Kritik am islamischen Kopftuch rassistisch. So werden Frauenrechtlerinnen und Islamkritikerinen wie Alice Schwarzer, Necla Kelek, Zana Ramadani die das islamische Kopftuch als „Flagge des politischen Islams“ bezeichnen von Antirassisten des Rassismus bezichtigt.

Mitte Juni 2008 wollte der britische Historiker David Littman im Auftrag einer NGO bei einer Sitzung des Rats eine Protesterklärung zur Steinigung von Frauen und zur Verheiratung von Mädchen in Ländern, in denen die Scharia Praxis ist, verlesen. Dazu kam es nicht. Für die Vertreter der islamischen Staaten ist Kritik an der Scharia Rassismus der schlimmsten Stufe. Seither dürfen im UN-Menschenrechtsrat Religionen nicht verurteilt werden, da Kritik an Steinigungen von Frauen oder am Auspeitschen von Frauen wegen Verstößen gegen die Kleiderordnung nach Ansicht der islamischen Vertreter rassistisch ist.

Nachdem in Salzburg am 12. Januar 2020 eine Frau von drei Männern mit Migrationshintergrund überfallen, getreten, mit dem Messer bedroht und ausgeraubt wurde, gingen islamophile Antirassistinnen, für die jede Kritik am Islam ein unverzeihliches Sakrileg ist, in sozialen Netzwerken soweit das Opfer zum Täter zu machen und bezeichneten die überfallene Frau ohne jeden Beleg als „Nutte“, „Betrunkene“ oder Flittchen“, weil diese es wagte ohne Begleitung um Mitternacht über den Mirabell-Garten nach Hause zu gehen.

Als vor einigen Jahren in diversen links-alternativen Kneipen wie im Freiburger „White Rabbit“ oder im Leibziger Conne Island die Frauen, wegen sexueller Übergriffe durch Flüchtlinge  wegblieben und die entsprechenden Wirte einen Hilferuf aussendeten, warfen vermeintliche Antirassisten den links-alternativen Wirten, die nun mit der Realität konfrontiert wurden Rassismus vor und wünschen  den „jungen Männern mit Migrationshintergrund nur gutes Gelingen dabei“, „diese Inseln selbstgerechter Saturiertheit zu verwüsten“

Mit rechtlichen Mitteln versuchen mittlerweile in Frankreich islamische Organisationen  jüdische islamkritische Intellektuelle wie Alain Finkielkraut, Pascal Bruckner oder auch Georges  Bensoussan mundtot zu machen. Ihr „Vergehen“ sind vermeintliche rassistische Äußerungen. Islamischen Antirassisten, wie der ägyptische Prediger Yusuf al-Qaradawi wittern in rechtlichen Skandalen eine Chance: „Wir werden euch mit euren demokratischen Gesetzen kolonialisieren“, lässt dieser verlauten und bringt damit die Strategie eines Dschihad auf den Punkt. Dieser „juristische Dschihad“ nimmt gezielt das Rechtssystem ins Visier. Das Zauberwort ist Rassismus: Die zahlreichen, in Frankreich eingereichten Klagen beziehen sich nicht auf Beleidigung oder Blasphemie, sondern auf angeblich rassistische Äußerungen. Eine unheilvolle Phalanx aus Gläubigen und antirassistischen Aktivisten tut sich zusammen. „Eine wirksame Gegenstrategie kann nur darin bestehen, den Rechtsstaat mit Zähnen und Klauen zu verteidigen. Wer vor Keulen wie „Rassismus“ kuscht, hat schon verloren, schreibt Ute Cohen in der Jüdischen Allgemeinen.

Das antirassistische Weltbild ist geprägt von Antisemitismus, der Verharmlosung, der Relativierung oder gar der Leugnung der zumeist mittelalterlichen und grauenvollen Menschenrechtsverletzungen des politischen Islam und nicht zuletzt von wohlfeiler Heuchelei. Unterdrückte, überfallene, misshandelte oder ermordete Frauen, verfolgte Homosexuelle und diskriminierte, verfolgte oder ermordete Juden sind kaum erwähnenswerte Kollateralschäden für die postkolonialen Theoretiker. Islamische Terroranschläge wie die in Paris, in Madrid, in London oder Berlin werden entweder verharmlost oder der Islam wird davon freigesprochen. Wenn Frauen als Freiwild oder Menschen zweiter Klasse behandelt werden sprechen die ideologisch verblendeten Bauernfänger entweder von nicht erwähnenswerten Einzelfällen oder die Frauen sind selbst schuld daran, dass sie Opfer wurden. Diese Haltung der kulturalistischen Ideologen ist längst im Mainstream angekommen.

Rassismus ist eine Gesinnung nach der Menschen aufgrund äußerlicher Merkmale, wie meistens die Hautfarbe, als „Rasse“  beurteilt und meist diskriminiert werden. Solcherlei Rassismus ist fraglos scharf zu verurteilen und zu bekämpfen. Die Kritik an den Zumutungen des Islam eines Salman Rushdie oder Hamed Abdel-Samad ist wie die Kritik am Christentum eines Karl-Heinz Deschner dagegen keineswegs rassistisch, diese notwendige und mutige Kritik gehört zur Aufklärung wie das Weihwasser ins Weihwasserbecken. Der Rassismus, die Frauenverachtung und der Antisemitismus des antirassistischen Weltbildes ist wie die fehlende Empathie mit den Opfern ein Verrat an der Aufklärung.

 

Gleichzeitig in gekürzter Form veröffentlicht bei Fisch & Fleisch

46 Kommentare leave one →
  1. Steve permalink
    21. Januar 2020 14:22

    Alain Finkielkraut und Andrei Markovits kommen aus derselben Richtung und sie kritisieren auch zu recht den Antisemitismus der Linken und mittlerweile der Mehrheitsgesellschaft, auch weil die den Judenhass der islamischen Radikalen tolerieren oder entschuldigen. Für Finkielstein ist der zentrale Ausgangsort Auschwitz, weil Auschwitz der bisher größte antisemitische Versuch war, die europäischen Juden auszurotten.

    Finkielkraut hat den Mut und die Souveränität, das Standing Dinge auszusprechen, die für viele Tabu sind, er ist wahrlich ein Verteidiger von Aufklärung, Humanität und Zivilisation. Klasse Beitrag übrigens.

    Seiner Haltung zu den Serbienkriegen konnte ich dagegen damals nichts abgewinnen, gegen Finkielkraut wirkte sogar ein Reißmüller fast gemäßigt, sagte der Pohrt dereinst.

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    • 22. Januar 2020 13:52

      Zustimmung, seiner Haltung gegen Serbien konnte ich nicht das Geringste abgewinnen. Ich war hin und hergerissen ob ich seine Serbien-Kritik kurz thematisieren sollte oder nicht, nun ließ es halt bleiben. Aber ansonsten hat er schon einiges zu sagen.

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  2. 21. Januar 2020 18:05

    Unter dem Vorwand, ihn bedingungslos anzunehmen, verbaut man ihm jede Bewegungsfreiheit, jeden Ausweg, verbietet man ihm die Eigenständigkeit, lockt man ihn hinterhältig in die Falle seiner Andersartigkeit; man glaubt, vom abstrakten Menschen zum wirklichen Menschen überzugehen und hebt die Distanz zwischen der Person und ihrer Herkunftsgemeinschaft auf, die die Anthropologie der Aufklärung bestehen ließ und sogar zu festigen versuchte; aus Altruismus macht man den Anderen zu einem einheitlichen Block und opfert darin für dieses Gebilde die anderen in ihrer individuellen Realität. Eine solche Fremdenfreundlichkeit bringt die früheren Besitzungen Europas um die europäische Erfahrung mit der Demokratie.

    Alain, ein ganz Großer.

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  3. Dieter Hofer permalink
    22. Januar 2020 08:11

    In Frankreich sieht man nun wohin die Reise geht. Nationale und internationale muslimische Organisationen verklagen erst die prominenteren, dann die weniger prominenten Islamkritiker.

    Die Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ konnte ein Lied davon singen. Der Höhepunkt war dann als die Klagen den Islamisten zu sanft waren erschossen sie acht Redaktionsmitglieder.

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  4. 22. Januar 2020 17:08

    Sehr gut, dass auch an den Barbie Prozess erinnert wird. Ein Skandal mit vielen Facetten. Wenn ich mir die Verteidiger des „Schlächters von Lyon“ anhöre kommt mir das kotzen. Aber keine Frage in der Szene gibt es genügend Leute die auch heute noch genau so ticken.

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    • 22. Januar 2020 19:01

      Die Biografie von Barbie ist beispielgebend.

      Er folterte mit unfassbarer Grausamkeit, mit Elektroschocks, Vergewaltigungsorgien, er folterte mit Schneidbrennern, glühenden Schürhaken, kochendem Wasser und seinen Peitschen, er war an diversen Massakern beteiligt, Deportationen von Kindern und Massenerschießungen

      Nach dem Krieg tauchte er in Deutschland erst unter, war dann Agent für die USA und die Briten, in Frankreich war er längst zum Tode verurteilt.

      Mit Hilfe der USA floh Barbie 1951 über die Rattenlinie nach Bolivien.

      Nach dem Ernesto Che Guevara von Kuba nach Bolivien ging war Barbie wieder gefragt, er arbeitete für das bolivianische Innenministerium im Rang eines Oberstleutnants und als als Ausbilder und des Diktators Hugo Banzer Suárez.

      Später arbeite Barbie für den BND. Beate und Serge Klarsfeld spürten den Schlächter von Lyon in Bolivien auf, er wurde ausgeliefert und der Prozess wurde ihm 1983 gemacht. Und da kamen dann seine „antirassistischen Verteidiger zu Wort. …

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  5. 22. Januar 2020 17:26

    Mannomann, eine Frau als „Nutte“, „Betrunkene“ oder „Flittchen“ zu beschimpfn, watscheins weil sie kein Kopftuch getragen hat und alleine Heimging und übafallen wurde, dat ist ja wohl dat hinterletzte.

    Beste Grüße aus Wanne
    Eua Erwin

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  6. 22. Januar 2020 18:49

    Passend zum Thema schreibt Vojin Saša Vukadinović vor ein paar Tagen:

    Die Verwandlung von Rassismuskritik in Esoterik schreitet rapide voran. ­Allen Auseinandersetzungen der vergangenen Jahre zum Trotz ist Critical Whiteness weitgehend unbeschädigt im publizistischen Mainstream angelangt.

    https://jungle.world/artikel/2020/02/der-hastige-abschied-vom-westen

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  7. steinbaer permalink
    25. Januar 2020 09:12

    Was vorgestern in der ARD ablief geht auch in die Richtung. Die ARD meinte: „Der Gedenktag in Yad Vashem wurde von den egoistischen Auftritten Israels und Russlands überschattet. Eine vertane Chance im Kampf gegen Antisemitismus.“

    Wie die Juden den Holocaust-Gedenktag zu feiern haben, das wissen nur die Deutschen der ARD. Frau Müller wird sich selbst auch eine Anti-Rassistin nennen.Im Mainstream angekommen.

    https://www.tagesschau.de/kommentar/yad-vashem-gedenken-kommentar-101.html

    https://www.tagesschau.de/multimedia/politikimradio/audio-83853.html

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    • 26. Januar 2020 10:36

      Ohne die innenpolitischen Verbrechen Stalins zu negieren, die Sowjetunion trug die Hauptlast bei der Befreiung Europas vom Nationalsozialismus und die Rote Armee hat unter großen Opfern Auschwitz befreit.

      Eines der eklatantesten Kriegsverbrechen der deutschen Wehrmacht während des Krieges gegen die Sowjetunion war die „Blockade von Leningrad„. Die Leningrader waren während der Belagerung auf ständiger Nahrungssuche. Gegessen wurden beispielsweise Klebstoff, Tapetenkleister oder Lederwaren. Ab November 1941 gab es in Leningrad weder Katzen oder Hunde noch Ratten und Krähen. In den Milizunterlagen, die 2004 veröffentlicht wurden, wurden für das Jahr 1942 2.000 Verhaftungen wegen „Leichenfresserei“ und „Menschenfresserei“ bestätig. Während der 900-tägigen Belagerung kamen etwa 1.100.000 LenigraderInnen ums Leben, die meisten starben an Unterernährung und Unterkühlung. Über zwei Millionen sowjetische Soldaten starben in der längsten Schlacht des zweiten Weltkriegs und retteten Leningrad und seine Menschen vor der totalen Vernichtung. Der spätere Bundeskanzler der Parteifreund von Steinmeier, Helmut Schmidt nahm übrigens als Offizier an der Belagerung Leningrads teil.

      Steinmeiers Rede war pure Heuchelei. Steinmeier, legte als Bundespräsident einen Kranz am Grab des Terroristen und Judenmörders Arafat nieder und gratulierte unter anderem im letzten Jahr dem islamfaschistischen Iran, der Israel seit 40 Jahren vernichten will, zu seiner islamischen Revolution.

      Dass nun laut Tagesschau Israel das Holocaust-Gedenken „kapert“ und eine „Party“ zur Befreiung von Auschwitz feiert, von einer „vertanen Chance im Kampf gegen Antisemitismus“ gefaselt wird, ist ein neuer negativer Höhepunkt in der antiisraelischen Berichterstattung der Öffentlich-Rechtlichen. Die Öffentlich-Rechtlichen aus dem Land der Täter schreiben den Ländern der Opfer vor wie Sie ihrer Toten zu Gedenken haben. Der vor über zwanzig Jahren verstorbene Journalist Eikel Geisel wusste schon vor vielen Jahren: „Aus den begriffsstutzigen Deutschen wurden Experten, und die Experten meldeten eine Art Copyright auf die Shoa an – ‚Auschwitz bleibt deutsch’“

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  8. 25. Januar 2020 09:23

    „Die Kritik an den Zumutungen des Islam eines Salman Rushdie oder Hamed Abdel-Samad ist wie die Kritik am Christentum eines Karl-Heinz Deschner dagegen keineswegs rassistisch, diese notwendige und mutige Kritik gehört zur Aufklärung wie das Weihwasser ins Weihwasserbecken.“

    Aus der Seele gesprochen! 😉

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  9. 31. Januar 2020 15:08

    Eine französische Teenagerin, Mila, muss um ihr Leben fürchten, seit sie auf ihrem Instagram-Konto in derben Worten den Islam kritisierte. „Ich hasse Religion, der Koran ist voller Hass… Eure Religion ist Scheiße“, äußerte die 16 Jahre alte Schülerin. Seither erhält sie Morddrohungen und musste auf Anraten der Polizei bei Verwandten „untertauchen“. Sie kann nicht zur Schule gehen, weil anonyme Hetzer die Anschrift ihres Gymnasiums im Internet enthüllten und dazu aufriefen, die „gottlose Schlampe“ abzustrafen..

    Der Fall hat zu einer heftigen Debatte in Frankreich geführt, nachdem der Generaldelegierte des französischen Islamrates CFCM, Abdallah Zekri, die Drohungen gegen Mila rechtfertigte. Zekri sagte, Mila habe die Reaktionen provoziert und müsse jetzt selbst damit klarkommen. „Wer Wind sät, muss mit dem Sturm rechnen“, sagte Zekri im Radiosender „Sud Radio“. „Das Mädchen weiß, was sie sagt. (…) Sie hat die Religion beleidigt, jetzt muss sie die Folgen ihrer Worte tragen“, sagte er. Zekri leitet auch die französische Beobachtungsstelle für Islamophobie <

    https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/islamkritik-in-frankreich-schuelerin-erhaelt-morddrohungen-16608795.html?fbclid=IwAR22Ghep-ezq5nUZpw0I2gKXpCbNeE-pcerGA9Bf07naenurBh6D0TqiiwU

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    • 31. Januar 2020 15:10

      “Der Koran lehrt Angst, Hass, Verachtung für Andere, Mord als legitimes Mittel zur Verbreitung und zum Erhalt dieser Satanslehre, er redet die Frauen schlecht, stuft Menschen in Klassen ein, fordert Blut und immer wieder Blut. Doch dass ein Kamelhändler in seinem Nest Aufruhr entfacht, dass er seine Mitbürger glauben machen will, dass er sich mit dem Erzengel Gabriel unterhielte; dass er sich damit brüstet, in den Himmel entrückt worden zu sein und dort einen Teil jenes unverdaulichen Buches empfangen zu haben, das bei jeder Seite den gesunden Menschenverstand erbeben lässt, dass er, um diesem Werke Respekt zu verschaffen, sein Vaterland mit Feuer und Eisen überzieht, dass er Väter erwürgt, Töchter fortschleift, dass er den Geschlagenen die freie Wahl zwischen Tod und seinem Glauben lässt: Das ist nun mit Sicherheit etwas, das kein Mensch entschuldigen kann, es sei denn, er ist als Türke auf die Welt gekommen, es sei denn, der Aberglaube hat ihm jedes natürliche Licht des Verstandes erstickt.”

      Das Zitat stammt nicht von Mila, der 16-jährigen Teenagerin, die gegenwärtig mit dem Tode bedroht wird, weil sie den Islam kritisiert hat, das Zitat stammt von ihrem Landsmann Voltaire.

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    • 3. Februar 2020 17:37

      Gut Neujahr, Manfred!

      Mila ist ein Mädchen, die unbefangen ihre Meinung kundtut. Sie lehnt den Islam ab (vielleicht nur „heute Mal“, angesichts ihres Alters auch möglich?) und begründet das plausibel genug.

      Das ist weder „Kritik“ noch „Beleidigung“ noch „Hassrede“, „nur“ Ablehnung.
      (Nein! heißt Nein! – No! means No!)

      Jene, die sie dafür öffentlich angreifen, und sie sogar in Todesangst versetzen(!), jene haben jegliches Maß im Umgang mit „dem Nächsten“ verloren.

      Angesichts ihrer hohen Posten dürfte die Anklage „Hetze!“ gegen sie recht unpassend und ziemlich verharmlosend wirken.

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  10. 3. Februar 2020 09:31

    Wichtiger Beitrag. Leider ist diese Diskussion im deutschen Sprachraum noch nicht sehr weit. Die englischsprachige Literatur zu dem Thema ist umfangreicher. Ich möchte zum Zwecke weiterer Auseinandersetzung folgende Titel empfehlen:

    Fernandez-Morera, The myth of the Andalusian paradise

    Emmet Scott, The impact of islam

    Emmet Scott , Mohammed & Charlemagne Revisited

    Bernard Lewis, The Muslim discovery of Europe

    Cary Nelson, Israel Denial

    Jeffrey Herf, Nazi Propaganda for the Arab World

    Timur Kuran, The Long Divergence

    Taner Edis, An Illusion of harmony

    Pascal Bruckner, The Tyranny of Guilt

    Anmerkung: keiner dieser Titel gehört zum Bereich rechter oder rechtsextremer Islamfeindlichkeit. Kein einziger dieser Autoren beschwört eine Angst vor „Eurabia“ (Bat Ye’or) oder empfiehlt den Islam zu verbieten oder gar Muslime zu diskriminieren. Trotzdem sind alle diese Bücher mehr oder weniger auf dme iNDEX LINKER

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    • 3. Februar 2020 09:33

      Scheiß Tippfehler: Auf dem Index des linken Zeitgeists. Wissenschaftlich sind sie alle einwandfrei geschrieben und halten jeder Kritik locker stand.

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    • 3. Februar 2020 18:39

      Von Jeffrey Herf lese ich momentan „Unerklärte Kriege gegen Israel: Die DDR und die westdeutsche radikale Linke, 1967-1989“ Ich weiß zwar bisher das meiste, aber speziell was es in der DDR alles an Kooperation gab, davon ist vieles bisher noch unveröffentlicht gewesen.

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  11. 3. Februar 2020 11:59

    Das allergrößte Problem, das der Islam als Religion und als Kultur hat ist nicht der Inhalt seiner Lehren oder die Maßlosigkeit seiner Ansprüche, sondern die Unfähigkeit der muslimischen Tradition Selbstkritik zuzulassen und seine eigenen ideologischen Voraussetzungen zu abstrahieren.
    Anders als das anti-christliche Ressentiment und die allgemeine Abwertung von Christen als Menschen insgesamt es wahr haben will, hat das Christentum beide Fähigkeiten von Anfang an mit gebracht. Selbstkritik und Abstraktion eigener Voraussetzungen sind direkt in den Katechismus eingeschrieben und die aristotelische geprägte thomistische Theologie des späten Mittelalters bereitete die wissenschaftlichen Revolutionen der Neuzeit vor, die deshalb und nur aus diesem Grund ausschließlich in Europa entstehen konnten. Nicht weil die Europäer irgendwie überlegen, klüger, oder evolutionär bevorteilt gewesen sind, sondern weil das Christentum mit seiner von Anfang an vorhandenen institutionellen Trennung vom Politischen den Säkularismus, der eine notwendige Voraussetzung der Demokratie ist, direkt ins Herz der Philosophie legte. Nicht bloß die Vernunft an sich wird groß geschrieben, das kann der Islam ebenso für sich beanspruchen. sondern die Anwesenheit des „Nicht-Identischen“ (Adorno) in den prinzipiellen Auffassungen von Welt und Philosophie.

    Die Selbstkritikfähigkeit des Christentums steht historisch einmalig dar und bewährt sich gerade heute am deutlichsten. Während zig Millionen Christen weltweit verfolgt und diskriminiert werden, sind die Kirchen an vorderster Stelle bei der Unterstützung und Aufnahme von Flüchtlingen. Christen bilden trotz der gigantischen Verfolgung und der von den Linken völlig ignorierten Ungerechtigkeiten ihnen gegenüber keine Terrororganisationen, kein Papst ruft zum heiligen krieg gegen die Ungläubigen auf und christliche Einrichtungen sind am meisten um Diversity und Correctness bemüht.

    Schade, dass diese Tatsache so vollständig beiseite geschoben wird.

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    • 3. Februar 2020 18:41

      „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist“ – das gibt es im Koran nicht. Das scheint mir auch einer der springenden Punkte zu sein. Danke für den Kommentar.

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      • 4. Februar 2020 10:18

        Man sollte dazu sagen, dass dieses Zitat die Folge des christlichen Säkularismus ist, nicht sein Ursache. Ursache ist die Idee der Trinität, die festhält, dass alle Natur im Sinne Adornos nicht.identisch ist und daher jeder Begriff und jede sprachliche Operation und menschliches Handeln an sich keinen Anspruch auf Totalität hat. Political Correctness ist der Versuch Identität von Sprache und Realität wieder her zu stellen. Die Gewalt, die nötig ist, das zu stellen entgeht diesen Leuten zumeist.

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    • 3. Februar 2020 23:46

      @Jurek Molnar,
      starke Analyse. Beeindruckende Bildung.

      Zumindest das Wörtchen „Selbstkritik“* möchte ich für einen weiteren Gedanken aufgreifen.
      (*Selbstkritik, damit meine ich insbesondere den Aspekt: Reflexion.)

      Die Zehnworte aus der Torah mag man betrachten wie man kann, sie sind als Empfehlungen (und so begreife ich den Charakter der Mahnung) nicht nur allgemein zugänglich, sie sind auch Grundgesetz, zumindest als Kern jüdischer Gesetzgebung. Auf ihnen bauen die Gesetze auf, die das menschliche Miteinander, wenigstens in den „ zivilisierten Staaten“, regeln helfen, aus ihnen stammt das Verständnis von falsch und richtig. Sie sind in Wort gefaßtes „Gewissen“, nämlich jenem, welches Hitler als „jüdisches“ auszumerzen trachtete; Torah-Rollen wurden verbrannt, Menschen wurden verbrannt.
      (Sicher, die Geschichtsforschung datiert noch ältere Schriftnachweise von Gesetzestexten.)

      Die Zehnworte der Torah sind an (die) Juden gerichtet.
      Etwa der Schabat hat für Christen möglicherweise keine Bedeutung.
      Die Christen haben die Zehnworte (zumindest bemüht) in ihr eigenes Bibelwerk übernommen, und da, @Jurek, kommt auch ein großer Ansporn zur Selbstkritik (Reflexion) her! – aus dem Zehnwort.

      Im Deutschen etwa liest es sich: „du sollst…/du sollst nicht…“), das ist ohne Selbstkritik nicht zu beantworten, falls blind zu folgen nicht als Antwort taugt. Auch ohne die Forderung als Formulierung geben die Zehnworte zu denken, denn sie haben offenbar einen guten Grund.
      Ob man‘s als Religiöser oder Atheist betrachtet, das macht keinen Unterschied.

      Der Koran kennt die Zehnworte so nicht.
      Er hat seine eigenen Gebote und Verbote, womit für den Islam eigene Gesetze gültig sind. Auch ist die Grundsätzlichkeit der Bedeutung der Zehnworte im Islam (allgemein) unbekannt. (Denke ich.)

      Das Zehnwort ist Fundament unserer* Gesetze.
      (* ~ christliche/post-christliche Länder, sowie Israel.)
      Der Wille des Menschen ist frei.

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      • 4. Februar 2020 10:13

        Vielen Dank für den Kommentar. Ich hätte natürlich den Einfluß des Judentums auf die christlichen Ideen erwähnen müssen. Rene Girard sagt in „Das Heilige und die Gewalt“ (1972), dass die Texte der hebräischen Bibel zum ersten Mal in der uns bekannten Geschichte die einseitigen Schuldzuweisungen der Mythen hinterfragen und damit den Raum öffnen, die Selbstverantwortlichkeit menschlichen Handelns in den Blick zu bekommen. Zuerst in der Geschichte von Abraham und Isaak, der das Opfer aufschiebt und sich mit einem Tier begnügt und ganz ausdrücklich in der Josefsgeschichte, in der der von seinen Brüdern in die Sklaverei verkaufte Joseph seinen Brüdern schließlich vergibt. Im Judentum wendet sich die Kultur vom Opfermythos ab und benennt die Eigenverantwortlichkeit menschlichen Handeln, Eines der Dinge, die der Islam zwar nicht gänzlich ablehnt, aber als tragendes Moment seiner Theologie fahrlässig unterschätzt.

        Die christliche Idee der Selbstkritik kommt aus der faszinierenden Lehre von der Trinität. Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist, ist selbst gespalten, nicht-identisch. Die nicht-identische Natur des Christentums macht es offen für säkulare Philosophie, Zweifel, Kritik und wissenschaftlichen Geist. Der Islam ist im Gegensatz dazu eine Lehre von Identität und Eins sein. Die Scharia ist der Kompromiß zwischen dem Anspruch, dass alle Wirklichkeit sich dem Gebot der Religion zu beugen hat, und der Tatsache, dass diese Beugung der Realität nur gewalttätig vor sich gehen kann. Die Idee des Islam, eine Einheit von Sprache und Realität, Religion und Politik, Gesellschaft und Moral zu sein steht gegen die christliche Auffassung von der Rolle des Individuums und seines Gewissens.

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  12. b. lichtenstein permalink
    6. Februar 2020 00:59

    Gerade entsteht eine anschlußfaehige Variante der Vorgaenge, ueber die Breitenberger aufschlussreich berichtet; sie koennte als moegliche Grundlage fuer eine toxische Majoritaet dienen: das hierzulande wachsende Konglomerat aus Xenophobie, scheinheilig gekleidet in ‚Verstaendnis‘ und Judenhass, exemplarisch eingefaßt in ‚Instrumentelle Israel-Solidaritaet der AfD‘ (Marc Grimm*). Zusammen erleichtern beide die Neubildung einer bewaehrten Koalition: auf Kirchentagen munkeln Christen, die Shoah habe den Juden den Kopf verdreht, sie so uebel demoralisiert, daß sie zu Peinigern der Muslime wurden, die darob zuhauf auf die Flucht gehen muessten usw. – Die Nazis bezichtigen Merkel, sie folge einer ‚Verschwoerung, die Europa mit Muslimen flutet‘ – und wer anders als Juden koennten einen solch machtvollen deal organisieren? – Kommt also demnext wieder zusammen, was – Reli hin, Reli her – zusammengehoert? *) Empfehle einen der beiden Vortraege anzuhoeren:

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    • 7. Februar 2020 10:36

      Den ersten Vortrag habe ich mir angehört. ‚Kein Widerspruch zur instrumentellen Israel-Solidaritaet der AfD. Man muss mit Aufklärung gegen den islamischen Antisemitismus vorgehen, das ist schon richtig. Nur wird es leider von staatlicher Seite nicht getan, das Problem wird ignoriert und es ist zum Weiteren ist es auch sehr schwierig mit der Muttermilch ein gegebene , besser eingebrannte Ansichten wieder zu entkräften. Das Beispiel das Marc Grimm bringt ist zwar schön, aber wohl eher ein Einzelfall und so schwer mit der Realität in Einklang zu bringen. Ich habe aber auch keinen anderen Lösungsansatz als die Aufklärung muss ich zugeben.

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      • 7. Februar 2020 10:44

        Aufklärung ist nur ein Wort und keine Lösung für irgend etwas an sich.
        Zum einen ist der Begriff der Aufklärung selbst irreführend. Die Welt mußte nicht ab 1600 auf einmal aus der Rückständigkeit aufgeklärt werden, denn sonst wäre das Universitätssystem nicht im 11. Jahrhundert entstanden.

        Die Denunziation des Mittelalters, die im 16. Jahrhundert begann und die im Begriff der Aufklärung im 18. Jahrhundert ihren Höhepunkt fand ist dem Bias der anti-katholischen Intellektuellen geschuldet, die die Macht der Kirche begrenzen, aber die Religion nicht prinzipiell abschaffen wollten.

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        • 7. Februar 2020 12:51

          Was also tun? Nach Deutschland und Österreich kamen in den letzten Jahren zwei Millionen Flüchtlinge, Migranten aus Ländern wo der Hass auf Juden mit der Muttermilch eingegeben wird und Frauen Menschen 2. Klasse sind.

          Dass wir uns nicht falsch verstehen Antisemitismus, vor allem der israelbezogene ist hierzulande ebenfalls weitverbreitet, das Frauenbild ist freilich grundlegend anders als in den Herkunftsländern der Migranten.

          Welche andere Lösung gäbe es, die durch die Zuwanderung neu entstandenen Probleme, als diese Leute „umzupolen“, sie aufzuklären? Freilich nicht nur von der ein oder anderen Privatinitiative sondern staatlicherseits in einem groß angelegten Reeducation -Programm. Dazu müssten aber erst einmal die Probleme konkret und ehrlich angesprochen werden, was aber leider nicht der Fall ist.

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      • 7. Februar 2020 15:20

        „Was also tun?“
        Unser Problem sind nicht die Flüchtlinge. Ich glaube das sollten wir ganz klar festhalten. Einige sind aufklärungsbedürftig, bei manchen ist sowieso Hopfen und Malz verloren, und andere sind sehr erpicht darauf es hier zu schaffen udn sich ein eigenes Leben aufzubauen. Europa wird das verkraften.
        Das Problem, das wir haben, ist die Appeasementpolitik des gesellschaftlichen Mainstreams, der sich vor jedweden Konflikten fürchtet und lieber die Zerstörung Israels riskiert, bevor er sich die Geschäftsgrundlage mit dem Iran oder arabischen Diktaturen madig machen lässt. Es gibt keine Gefahr durch den Islam, aber es gibt die Gefahr, dass sich der linke Selbsthaß und die Western Guilt Propaganda auf die Seite des terroristischen Islamismus schlagen und dadurch die Reformtendenzen in den islamischen communities untergraben.

        Das größte Problem der heutigen Europäer ist, daß sie nicht sagen können wer sie sind und wofür sie stehen. Daran hat auch das anti-christliche Ressentiment des Zeitgeists seinen Anteil. Die Gefahr ist, daß sich die europäische Zivilisation, die Demokratie und Menschenrechte erst in die Welt brachte, in eine Kultur von geistlosen und sich selbst fremden Menschen wird, die gerade wegen der Beschwörung von Aufklärung nichts mehr Gutes an sich selbst zu entdecken vermag.

        Der terroristische Islamismus ist die Reaktion eines geschlagenen Gegners, der versucht sein Gesicht zu wahren, aber dessen Vermögen bereits aufgebraucht ist. Wir sind die Zukunft, nicht sie, aber damit das so bleibt müssen wir dazu stehen, wer wir sind.

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        • 7. Februar 2020 15:59

          Ich schätze auch dass die aktuelle Anzahl an Flüchtlingen zu verkraften ist. Vorausgesetzt die Probleme werden endlich angesprochen und angepackt. Wenn man sich aber die aktuellen Probleme mit dem Islam beispielsweise in Frankreich ansieht, wo ein 16-jährige Mädchen mit dem Tod bedroht ist weil sie den Islam kritisiert hat und der Staat, die Gesellschaft das Mädchen alleine lässt dann kann man schon ins Grübeln kommen. In Frankreich haben Islamisten ganze Stadtteile unter Kontrolle, Juden wandern jährlich zu tausenden aus. Die deutschen Islamverbände tun alles um Kritik am Islam zu unterbinden. die Appeasement-Politik des gesellschaftlichen Mainstreams geht seit Jahrzenten diesen Weg mit. Am offenkundigsten wird die Appeasement-Politik gegenüber dem Iran, also mit der Politik gegen Israel, keine Frage.

          Der terroristische Islamismus ist sicherlich die Reaktion eines geschlagenen Gegners, der zwar geschlagen sein mag, dies aber noch nicht begriffen hat. Es ist auch nicht nur der Islamismus, es ist der Alltags-Islam der sich schleichend in Europa, mit Hilfe der westlichen Apologeten die Bahn bricht. Dieses Appeasement ist der Wegbereiter der AfD und anderer rechter Bewegungen und ich weiß nicht von welcher Seite mehr Gefahr droht.

          Was bleibt also übrig als aufzuklären und sich solidarisch mit den Opfern zu zeigen, die unmittelbar betroffenen und Verantwortlichen nicht alleine zu lassen, den Milas und den Rushdies dieser Welt beizustehen.

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        • 9. Februar 2020 10:36

          Stimmt, der Minderwertigkeitskomplex innerhalb dieser Religion ist offensichtlich. So heischen sie nach den auch noch so unsinnigsten „Komplimenten“ der westlichen Verteidiger. Das Problem sind von daher weniger die fundamentalen Gläubigen als vielmehr die westlichen Verteidiger.

          „Anstatt dem Islam zu schmeicheln, wäre es besser ihn offen und ehrlich zu kritisieren – objektiv, ohne Groll oder Übertreibung“ Das
          wäre in der Tat die mächtigste Strategie der westlichen Welt, ohne Gewalt den Islam zu neutralisieren. Leider geschieht das so gut wie überhaupt nicht.

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  13. 9. Februar 2020 10:25

    Passend zum Thema lese ich in Facebook gerade:

    „An der Justus-Liebig Universität Gießen empören sich gerad ein paar Linke und Muslime, da auf den Toiletten nun Hinweise angebracht wurden, die das Waschen von Genitalien und Füßen in den Waschbecken verbieten.

    Die Muslime fühlen sich davon direkt angesprochen und diskriminiert und in ihrer Religionsausübung eingeschränkt.

    Von links wird auf das Grundgesetz Artikel 4 für freie Religionsausübung verwiesen und schier skandalisiert, dass Muslime jetzt ihre rituelle Reinigung nicht mehr auf öffentlichen Toiletten durchführen können.

    Das wird jetzt natürlich als dieses erfundene Konstrukt des „antimuslimischen Rassismus“ deklariert und die Muslime als absolut unterdrückte Minderheit dargestellt, aber dass es andere gibt, die es vielleicht unangenehm finden, wenn sie den Raum betreten und jemand da gerad mit seinen Füßen im Waschbecken hängt oder seinen Intimbereich wäscht, scheint egal.“

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    • 11. Februar 2020 10:44

      „Die Muslime fühlen sich davon direkt angesprochen und diskriminiert…“

      Warte mal, was passiert, wenn sie sich nicht angesprochen fühlen.

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