Zum Inhalt springen

Zum 100. Geburtstag von Friedrich Dürrenmatt

16. Januar 2021

Vor wenigen Tagen wäre der große Schweizer Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt 100 Jahre alt geworden. Am 5. Januar 1921 wurde Friedrich Dürrenmatt in Konolfingen, einem Dorf im Kanton Bern, geboren. Sein Vater, Reinhold Dürrenmatt, war bis 1935 Pfarrer dieser Gemeinde. In Bern besuchte Friedrich Dürrenmatt das Freie Gymnasium und danach das Humboldt-Gymnasium. Ab 1942 studiert Dürrenmatt Naturwissenschaften, Germanistik und Philosophie und er beginnt zu schreiben. 1945 schreibt er sein erstes Drama “Es steht geschrieben”, das am 19. April 1947 in Bern uraufgeführt wird.

Während des Krieges beteiligte sich Dürrenmatt für kurze Zeit, vermutlich aus spätpubertärem Protest gegen den Vater,  bei den rechten „Frontisten.“ Dazu Dürrenmatt: „Unfähig, seinem Glauben ein rationales Weltbild entgegenzusetzen, wählte ich den Weg ins Irrationale.“ Dürrenmatt war ein politischer Schriftsteller, wobei sich der freie Geist nie auf eine politische Linie festlegen ließ. Dürrenmatt sympathisierte zeitweise mit dem Sozialismus, kritisierte stets den Kommunismus der Ostblockstaaten und wehrte sich gleichzeitig gegen den hysterischen Antikommunismus zu Zeiten des Kalten Krieges. „Der Kommunismus ist ein Vorschlag, die Welt vernünftiger einzurichten, ein Vorschlag zur Weltveränderung, den wir durchzudenken und, erkennen wir ihn als vernünftig, durchzuführen haben.“ Aus seiner Unterstützung für Israel machte Dürrenmatt nie ein Hehl, was ihm Anfeindungen aus linken und rechten Kreisen einbrachte.

Mit der Komödie „Romulus der Große”, uraufgeführt 1949, gelingt Dürrenmatt sein erster Erfolg bei Publikum und der Theaterkritik. Die Farce stellt den letzten weströmischen Kaiser Romulus ins Zentrum, der sich den nationalistischen Tugenden verweigert, der nicht heldenhaft in den Untergang gehen will, sondern den anstürmenden Feinden mit Sympathie entgegenkommt. Als die Germanen am Ende Rom besiegten sieht Romulus ein, falsch gelegen zu haben, sein Plan ist gescheitert und er geht in Rente.

Dürrenmatts erster Kriminalroman “Der Richter und sein Henker” erscheint 1950 und ein Jahr später “Der Verdacht.”  Rachedurst, Doppelmoral, Recht und Gerechtigkeit, Schuld und Sühne, die Apokalypse durch die atomare Bedrohung waren die Themen des Schweizers, der seine Texte oftmals mit schwarzem Humor bis hin zur Groteske zeichnete.

In „Der Tunnel“ einer klassischen Kurzgeschichte von 1952, fährt ein „Brasil 10“ rauchender Student in einem Zug, im fällt auf, dass der Zug ungewöhnlich lange durch einen eigentlich sehr kurzen Tunnel rast. Während er immer unruhiger und der Zug immer schneller wird, beschwichtigen ihn der Schaffner und die Mitreisenden. Der Zug wird immer noch schneller und der Tunnel hört nie auf. Zum Schluss sieht der Student dem kommenden Tod furchtlos ins Auge. „Was sollen wir tun“ fragt der Zugführer? „Nichts“ antwortet der Student.

Das Drama „Der Besuch der alten Dame“, das 1956 uraufgeführt wird, macht Dürrenmatt weltberühmt. Die verratene Claire Zachanassian, eine ehemalige Mitbürgerin des Städtchens Güllen macht den verarmten Einwohnen ein unmoralisches Angebot: Sie bietet der Gemeinde und den Einwohnern eine Milliarde, dafür, dass diese einen aus ihren Reihen umbringen, den Mann der sie verleumdet und ihr schweres Unrecht  angetan hat. Zunächst lehnen die Bewohner entrüstet ab und später knicken alle nach und nach doch ein. Es folgten “Frank der Fünfte” (1959), “Die Physiker” (1962), “Der Meteor” (1966) und viele weitere sehr erfolgreiche Stücke.

Eines seiner bekanntesten politischen Stücke Dürrenmatts war „Die Physiker“, das Gegenstück zu Brechts „Leben des Galilei.“  Drei Physiker begeben sich freiwillig ins Irrenhaus weil einer von ihnen die Formel zur Vernichtung der Welt erforscht hat. Die drei Physiker ermorden im Irrenhaus ihre Krankenschwestern um ihr Geheimnis zu bewahren. Die einzig wahre Verrückte im Irrenhaus aber ist die Leiterin Mathilde von Zahnd, die sämtliche Aufzeichnungen längst kopiert hat. Die großartige Schauspielerin Therese Giehse verkörperte bei der Uraufführung in Zürich die Mathilde von Zahnd, Dürrenmatt hat für Sie die Rolle umgeschrieben. Die Erkenntnis der „Physiker“ lautet: „Was einmal gedacht wurde, kann nicht zurückgenommen werden.“

Dürrenmatt veröffentlichte viele politische Texte in Zeitschriften und in seinen Büchern und der Schweizer hielt Reden zu aktuellen politischen Themen. Friedrich Dürrenmatt war ein großer Freund Israels, wie ein einsamer Rufer in der Wüste hielt er eisern daran fest, Israel sei „notwendig wie kein anderer Staat, eine gerechte Sache, die nur noch ideologisch, nicht mehr existenziell angezweifelt werden kann.“ Der Staat Israel, so Dürrenmatt, existiere zwar, aber viele wären froh, „wenn er nicht wäre, auch jene wären glücklich über seine Nichtexistenz, die seine Existenz bejahen.“ Zwei Jahre vor Jean Amérys Essay „Der ehrbare Antisemitismus“ veröffentlichte Friedrich Dürrenmatt 1967 den Text „Israels Lebensrecht“, darin beginnt er: 

„Es gibt den jüdischen Staat, weil es Hitler gab. Der Grund dieses Staates liegt in Auschwitz, in den Vernichtungslagern, doch liegt er nicht nur in unserer Zeit, er liegt in den Judenmetzeleien, in den Pogromen und Schikanen der Vergangenheit, er liegt im Christentum, das im Juden den Christusmörder sah, er liegt im Ressentiment, im Rassendünkel und im Fremdenhass aller Zeiten, er liegt aber auch bei den Gleichgültigen, den Allzuvorsichtigen, den Neutralen, er liegt bei uns, die wir statt eines Herzens einen Rothmund besaßen, kurz, der Grund liegt in den Demütigungen, Verfolgungen und Leiden, die den Juden immer wieder zum Juden stempeln und formten.

Der jüdische Staat ist aus einem Naturrecht heraus geboren, aus einem Recht der Geächteten auf eine Heimat, die ihnen die Freiheit wiedergibt und ihre Ächtung löscht, auf eine Heimat, die – da die Juden überall, wo sich niederließen, gezeichnet waren — nur die Urheimat sein konnte: Israel. Aus solchem Recht entstanden, braucht der jüdische Staat keine andere Begründung seiner Existenz, seinen Grund bildet nicht irgendeine Machtkonstellation, seine Existenz ist mit einem Axiom der Menschlichkeit hinreichend begründet.  (..) Der Antisemitismus installiert sich wieder, schon wagt man es selbst im Sicherheitsrat, mit der Bibel gegen Juden zu argumentieren, schon finden seine Pogrome statt. … “ Am Ende des Textes kritisiert Dürrenmatt noch Bertolt Brecht der sich „zum Kommunismus“ bekannte und „in der DDR wirkte“ und zum Antisemitismus seines Landes ohrenbetäubend schwieg.

Dürrenmatts eindeutiges Statement, insbesondere in kritischen Situationen,  zu Israel lässt sich, neben vielen anderen, zu Beginn des Jom Kippur-Krieges schrieb er in der NZZ „Warum ich mich hinter Israel stelle“, in seinen Essays „Zusammenhänge“ und „Nachgedanken“, die 1976 erstmals erschienen sind, nachlesen. Dort beschreibt er seine Israelreise, die er 1974 mit seiner ersten Frau unternahm, im Jahr nach dem Jom Kippur-Krieg. Wegen seiner Freundschaft zu Israel wurde er eingeladen, an der Ben-Gurion-Universität in Beer Sheva eine Vorlesung zu halten.

In „Zusammenhänge“ schreibt Dürrenmatt beispielshalber: „Ich, der ich sonst für keinen Staat besonders eintrete, der ich sonst über Staaten nicht gerade zimperlich denke und über den Nationalismus ausgesprochen bösartig, stehe für Israel ein, weil ich diesen Staat für notwendig halte. (…) Die Vernichtungslager, wo jüdisches Volk unterging, ohne sich zu wehren, und der Aufstand des Warschauer Ghettos, wo jüdisches Volk vernichtet wurde, indem es sich wehrte, diese zwei fürchterlichen Möglichkeiten, die einem Volk am Ende bleiben, forderten, damit sie sich nicht wiederholen, den jüdischen Staat. Der Wahnsinn erzwang seine Existenz, sicher, die Opfer dieses Wahnsinns errichteten ihn, den Überlebenden zum Vermächtnis, damit das Opfer nicht vergeblich gewesen sei, wer zweifelt daran. Darum lebt denn dieser Staat nicht nur aufgrund seiner Ideologie, nicht nur auf Grund des Zionismus, nicht nur auf Grund einer Gedankenkonstruktion, die, so genial sie auch wäre, doch nur eine Gedankenkonstruktion bliebe – denn auch dem folgerichtigsten Gedankengebäude kommt  nicht notwendigerweise Existenz zu – ,sondern auch auf Grund einer grausamen Notlage, mehr noch, auf Grund der schrecklichen Unzulänglichkeit dieser Welt,  auf Grund ihrer Anfälligkeit dem Unvoraussehbaren gegenüber: einen erhabeneren Grund, einen Staat zu gründen, mag es geben, einen notwendigeren nicht.“ (..) Darum offenbar, viel entscheidender als der oberflächliche Einfluss der marxistischen Lehre auf den Nahen Osten, stellt sein Konflikt mit dem jüdischen Staat die Auseinandersetzung des Islam mit der Moderne dar, mit einem Neuen, das er im jüdischen Staat verwirklicht sieht. (..) Der Terror dient Arafat dazu, vor der Weltöffentlichkeit recht zu bekommen, die wiederum wünscht, dass Arafat recht habe, um endlich von ihrem schlechten Gewissen den Juden gegenüber befreit zu werden; vor der UNO hat Arafat schon recht bekommen, nächstens wird die Meinhof dort sprechen.“

Friedrich Dürrenmatt bekämpfte wie Jean Améry bereits Ende der 1960er Jahre den israelbezogenen Antisemitismus. Wer seine Reden, Essays, Aufsätze und Bücher nachliest, wird mit schockierenden Aktualitäten konfrontiert. Viele „ehrbare“ Antisemiten nahmen es den Juden nach dem 6-Tage-Krieg und dem Jom-Kippur-Krieg übel, dass die Juden wieder einmal überlebt hatten. Zu gern hätte man sich mit ein oder zwei Millionen toter Juden solidarisiert, die Opfer an die Brust gedrückt und ihnen ein paar Gedenkbücher, Mahnmale und Dokumentarfilme gewidmet.

Vor über dreißig Jahren, am 14. Dezember 1990 starb Friedrich Dürrenmatt in Neuchâtel im Alter von 69 Jahren.

 

Gleichzeitig veröffentlicht bei Fisch&Fleisch

14 Kommentare leave one →
  1. Stephan Gärtner permalink
    16. Januar 2021 17:42

    Dass Dürrenmatt ein Guter war wusste ich – soooo gut wusste ich nicht.

    Gefällt 4 Personen

  2. 17. Januar 2021 09:14

    „Ohne Israel wären die Palästinenser Jordanier und Ägypter geblieben, sie sind nur dank Israel Palästinenser.“ (Friedrich Dürrenmatt in „Zusammenhänge“, 1976)

    https://www.journal21.ch/antijuedische-exzesse-eine-motivsuche

    Gefällt 3 Personen

  3. 17. Januar 2021 09:17

    Heute haben europäische Juden, auch in der Schweiz, Angst. Die Barbarei aus dem arabisch/islamistischen Nahen Osten und das Gift des lokalen neu-alten Judenhasses von extrem Links und extrem Rechts hat in seinen Exzessen eine Aggressivität erreicht, die Erinnerungen an Kristallnacht-Parolen wachruft. Die Argumentation ist sehr ähnlich, die physische Gewalt hat noch nicht deren Niveau erreicht.

    Aufrufe wie „Kauft nicht beim Juden (Israel)“ der Israelfeinde ist Teil dieser argumentativen Aufwiegelung. Frankreichs Juden fliehen zu Tausenden nach Israel und anderswohin. Dies, obwohl dort, wie auch in Deutschland und England, die Regierung und die Regierungschefs den Antisemitismus verurteilen und bekämpfen, was in der Schweiz, dem Land der Zaghaften, in dieser Form nicht der Fall zu sein scheint.

    Immerhin haben sich prominente Schweizer Juden endlich zu Wort gemeldet, und es fanden in den letzten Tagen pro-israelische Demonstrationen statt, die im Gegensatz zu den hysterisch antiisraelischen ruhig und würdig abliefen.

    https://www.journal21.ch/antijuedische-exzesse-eine-motivsuche

    Gefällt 3 Personen

    • 17. Januar 2021 21:01

      Starke Seite! Auch das Zitat aus Zusammenhänge ist zeitlos: „Schon 1976, in seinem Buch „Zusammenhänge“, schrieb Friedrich Dürrenmatt: „Die Schwierigkeit, heute in Europa für Israel Stellung zu beziehen, und die Isolation, in die dieser Staat geraten ist, hat verschiedene Gründe. Schämte man sich nach dem Zweiten Weltkrieg, Antisemit zu sein, wurde man mit Stolz nach dem Sechstagekrieg Philosemit, wagt man nun erleichtert nach dem Jom-Kippur-Krieg, Antizionist zu werden. Kein Mensch ist heute mehr Antisemit, man versteht nur die Araber. Der Siegesrausch der Araber vor dem Sechs-Tagekrieg ist vergessen, vergessen die Sperrung des Golfs von Akaba durch Nasser, vergessen die Prahlereien Arafats, vergessen, dass jedermann den Angriff der Araber vermutete, vergessen der gewaltige Aufmarsch der ägyptischen, jordanischen und syrischen Truppen (…) Vergessen das alles, die Juden hätten die Araber nur nicht ernst nehmen sollen, es war alles gar nicht so gemeint gewesen.“

      Gefällt 1 Person

    • steinbaer permalink
      18. Januar 2021 13:52

      Dürrenmatt fehlt. Sehr.

      Like

  4. 18. Januar 2021 10:23

    Die Uraufführung der „Physiker“ fand am 21. Februar 1962 in Zürich statt. Für das Deutsche Fernsehen wurde es 1964 als Fernsehspiel vom Autor selbst bearbeitet. In einer privaten Irrenanstalt sind drei scheinbar verrückte große Physiker untergebracht. In der Schlussszene 1:45:05 wird das Stück aufgelöst. Das Stück ist aktueller denn je, wenn man bedenkt dass der islamfaschistische Iran nach der Atombombe greift.

    Gefällt 1 Person

  5. 18. Januar 2021 10:24

    Eine weitere kleine Auswahl:

    Der Besuch der alten Dame (1959)

    Eine tragische Komödie in drei Akten von Friedrich Dürrenmatt. Die Uraufführung fand am 29. Januar 1956 in Zürich statt. Das Stück wurde 1959 für das deutsche Fernsehen (SWF, heute SWR) verfilmt. Die Millionärin Karla Zachanassian kehrt in ihre Heimatstadt Güllen zurück, die unter leeren Kassen leidet, um sich zu rächen.

    Die Panne (1957)

    Generalvertreter Alfredo Traps hat nur noch eine Autostunde nach Hause. Es ist Abend, da streikt sein Wagen. In einer nahegelegenen Villa läutet er. Er wird unter der Bedingung aufgenommen mit ihm und seinen drei Freunden ein Spiel zu spielen. Dieses besteht darin, dass sie ihre alten Berufe wieder ausüben. Einer war Richter, der andere Staatsanwalt, der dritte Verteidiger. Der vierte Herr übte den Beruf des Henkers aus. Traps soll die Rolle des Angeklagten übernehmen. Ohne viel Nachzudenken, stimmt Traps zu und setzt sich mit den vier älteren Herren an den Speisetisch, wo ihm ein angenehmes Mahl, die Henkersmahlzeit kredenzt wird. Nach und nach entlocken die Pensionisten Traps Einzelheiten aus seinem Leben. Der Höhepunkt besteht darin, dass der verzweifelte Vertreter dem „Gericht“ einen Mord gesteht.

    Der Hund (1952) Hörbuch

    Hier Best of:

    Gerd Fröbe oder Jack Nickolson (Das Versprechen) Ingrid Bergman (Besuch der alten Dame) usw.

    Gefällt 2 Personen

  6. 18. Januar 2021 10:25

    Die unvergessliche Therese Giehse hatte auch die Hauptrolle in den Uraufführung von Der Besuch der alten Dame. Die Physiker wurden ihr von Dürrenmatt gewidmet. Dürrenmatt hatte nach einem Gespräch mit Therese Giehse die ursprünglich männliche Rolle in eine weibliche geändert, damit Giese diese spielen konnte.

    Hier bei Minute 4.35 ist sie in der Rolle der Claire Zachanassian zu sehen:

    Ab Minute 16:35 noch ein paar Geschichten zwischen der Giehse und Dürrenmatt (Bei „Frank der Fünfte“ ist sie auch dabei):

    Gefällt 2 Personen

  7. steinbaer permalink
    18. Januar 2021 13:52

    „Die Physiker“ lasen wir in der Schule, sie eröffneten mir die Welt der Bücher. Dürrenmatts Bücher kann man immer wider lesen. Einfache Sprache mit sehr viel Tiefgang.

    Gefällt 1 Person

  8. 19. Januar 2021 22:50

    Mein Lieblingsbuch von Dürrenmatt ist nach wie vor „Das Versprechen“. Mir hat immer gefallen, dass eine klassische Kriminalgeschichte, ein Whodunit, vollkommen ins Leere läuft.
    Der Held bleibt über die Wahrheit völlig im Dunklen und als Leser fühlt sich das Ende furchtbar verwirrend an, weil alle Anstrengung Sinn und Bedeutung ins Chaos zu bringen fehl schlagen. Das gehört zu den schwersten Dingen als Leser zu akzeptieren, aber vor allem zu den schwersten Dingen als Autor zu schreiben. Dürrenmatt hatte eine besondere Begabung dafür Dinge, die konventionell funktionieren in ein völliges Ungleichgewicht zu bringen, ohne dass sich die literarische Struktur auflöst.
    „Der Besuch der Alten Dame“ ist ein weiteres Beispiel dafür, das die Erwartungshaltungen ins Leere laufen zu lassen, außergewöhnlich gut funktioniert,, wenn man das als Schriftsteller technisch hin bekommt. „Der Richter und sein Henker“ ist auch sehr gut.

    „Die Physiker“ ist ein Stück, zu dem ich nie so richtig Zugang fand, muss ich sagen.

    Gefällt 2 Personen

    • 20. Januar 2021 09:56

      Dürrenmatts Kriminalgeschichten spielen in einer eigenen, sehr hohen Liga. Die Physiker verstehe ich in einer Quasi Trilogie, Brecht – Dürrenmatt – Kipphardt. Ich habe den Gallei, die Physiker und Kipphardts Oppenheimer mehrmals gelesen und gesehen. Bei allen drei geht es um dasselbe Thema.

      „Wofür arbeitet ihr? Ich halte dafür, daß das einzige Ziel der Wissenschaft darin besteht, die Mühseligkeit der menschlichen Existenz zu erleichtern. Wenn Wissenschaftler, eingeschüchtert durch selbstsüchtige Machthaber, sich damit begnügen, Wissen um des Wissens Willen aufzuhäufen, kann die Wissenschaft zum Krüppel gemacht werden, und eure Maschinen mögen nur neue Drangsal bedeuten. Ihr mögt mit der Zeit alles entdecken, was es zu entdecken gibt, und euer Fortschritt wird doch nur ein Fortschreiten von der Menschheit weg sein.“ Bertolt Brecht, Leben des Galilei.

      „Was einmal gedacht wurde, kann nicht mehr zurückgenommen werden.“ Die Physiker F. Dürrenmatt.

      Im Dokumentartheater „In der Sache J. Robert Oppenheimer“ von Heinar Kipphardt geht es um den Untersuchungsausschuss in der McCarthy-Ära in dem Oppenheimer befragt wird. Das Manhattan-Projekt stand unter der Leitung von J. Robert Oppenheimer. Kipphardt hat Oppenheimer für sein Stück sogar kontaktiert.Es geht wieder um die Verantwortung des Wissenschaftlers dem Staat und der Menschheit gegenüber.

      Heinar Kipphardt verarbeitete unabhängig davon seine Kriegserlebnisse in seinen Stücken, „Der Hund des Generals“, „Der Desserteuer“ und „Der Held des Tages“.

      Ich empfehle „Der Held des Tages.“ Ähnlich wie die Physiker bei den „Physikern“ scheitern, scheitert der „gute“ Soldat bei Kipphardt. Es geht wieder um die Kritik einer bestimmten Moral.

      Gefällt 2 Personen

  9. 23. Januar 2021 09:50

    Bei F&F gab es auch eine Diskussion zu Dürrenmatt. Natürlich waren die antizionistischen „Damen“ wieder einmal fassungslos.

    Das ehemalige antisemitische Sturmgeschütz aus Augsteins antizionistischem „Freitag“ meinte:

    „dass der politische zionismus spätestens da, wo er praktisch wurde/wird, sich kolonialer praktiken bedient/bedienen muß und nicht nur gegen nicht-jüdinnen sondern auch innerjüdisch in rassismus umschlägt/umschlagen muß.“

    Dar ganze Thread hier: https://www.fischundfleisch.com/manfred-breitenberger/zum-100-geburtstag-von-friedrich-duerrenmatt-69788#comment-1092661

    Like

    • 23. Januar 2021 22:00

      Lieber nicht.

      Im „Daily Observer“ und anderen Medien, wie dem Guardian wird die von Code Pink erfundene Story dass Israeli den Palästinensern Corona Impfungen vorenthält, direkt in den Mainstream gespült.
      Die simple Tatsache, dass die Palästinensische Autonomiebehörde und die Hamas Impfstofflieferungen durch Israel ablehnen, weil sie auf eine Lieferung aus Russland warten, kommt im anti-zionistischen Narrativ nicht vor. Aber was soll man diesen Arschlöchern sonst erwarten?
      Und in der Zeit beklagt eine Journalistin dass Israel keine wirkliche Demokratie sein kann, weil dort so viele Wahlen stattfinden.
      So was kann man sich nicht ausdenken.

      Gefällt 1 Person

      • 24. Januar 2021 09:39

        Stimmt genau, so was kann man sich nicht ausdenken. Man versäumt kaum etwas wenn man sich mit diesen Leuten nicht abgibt, aber hin und wieder drückt es mich schon die antizionistische Meute in die Schranken zu weisen. Man gönnt sich ja sonst nichts.

        Gefällt 1 Person

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..