Babyn Jar
Vor 81 Jahren, am 29. September 1941 begann der Massenmord an den Kiewer Juden. Die deutschen Einheiten wurden bei ihrem Überfall auf die Sowjetunion in der Westukraine von den westukrainischen Kollaborateuren der OUN von Stepan Bandera begeistert empfangen. Besondere Huldigungen erfuhr das Bataillon „Nachtigall“, das als „Stepan Bandera Bataillon“ gefeiert und nicht nur mit Blumen, sondern auch mit Kniefällen und Gebeten empfangen wurde. „Erschlagt die Juden und die Kommunisten!“ forderten die Anschläge. „Lang lebe Stepan Bandera, lang lebe Adolf Hitler!“, skandierten die Westukrainer.
In Kiew wurden alle ansässigen Juden aufgefordert, sich „zwecks Umsiedlung“ an einem Sammelplatz einzufinden, von dem aus sie in die Schlucht Babyn Jar nördlich der Stadt getrieben werden, wo sich alle ausziehen und mit dem Gesicht auf die Erde legen müssen. Über Babyn Jar hing ein riesiges Transparent, auf dem in ukrainischer Sprache „Wir erfüllen Willen des ukrainischen Volkes“ stand.
Dann wird das Feuer eröffnet. Von Rosch ha-Schana, der jüdischen Jahreswende in der Nacht vom 29. auf den 30. September bis zum Jom Kippur, dem Versöhnungsfest zehn Tage später, erschießen zwei Bataillone ukrainischer Polizisten, eine Militäreinheit der OUN-B unter dem berüchtigten Antisemiten Petro Wojnowskyj sowie Wehrmacht und SD in endlosen Salven 33.771 Menschen. Es ist die größte Massentötung vor den Giftgasmorden in den Vernichtungslagern. Die ständig nachrückenden, noch lebenden Juden müssen sich in immer höher auftürmenden Schichten auf die Toten legen. Von den insgesamt 1500 Exekutoren waren 1200 Ukrainer und 300 Deutsche. Dies und mehr ist nachzulesen bei Klaus Kellmann – Dimensionen der Mittäterschaft.
Nach der Unabhängigkeit der Ukraine wurden die Denkmäler, die an den Sieg über den Nationalsozialismus erinnerten, gestürzt. An ihrer Stelle errichtete die Ukraine Monumente zu Ehren des antisemitischen Massenmörders Stepan Bandera. Stepan Bandera, der unumstrittene Führer der OUN, wird heute in der Westukraine durch vierzig überdimensionale Denkmäler, sechs ihm gewidmeten Museen, unzähligen Straßennamen, auf Briefmarken, mit Gedenktagen und Feiertagen als Nationalheiliger vergöttert. In der Rada wurde zum Beispiel 2018 Banderas Geburtstag pompös gefeiert. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verkündete in einem RBC-Ukraine Interview am 18. April 2019: “Es gibt unbestreitbare Helden, Stepan Bandera ist ein Held für einen bestimmten Teil der Ukrainer, und das ist eine normale und coole Sache. Er war einer von denen, die die Freiheit der Ukraine verteidigt haben.“
Die Straße zum Denkmal für die Opfer des Massakers von Babyn Jar wurde nach dem Maidan-Putsch 2014 umbenannt in „Bandera-Allee“, der letzte Teil der Stecke ist nach dem antisemitischen Massenmörder Roman Schuchewytsch benannt. Mit dieser antisemitischen Verhöhnung der 33.771 jüdischen Opfer belegt die Ukraine eindrucksvoll ihren Charakter.
Jeder der in Europa und dem Rest der Welt den Massenmord von Bandera und seiner OUN ignoriert, verharmlost, leugnet oder gar reinwäscht oder die heutige Verehrung dieses antisemitischen Massenmörders oder wer die Straßenumbenennung von Babyn Jar verharmlost oder gar rechtfertigt, ist in meinen Augen, um die Worte der ideologiekritischen Linken zu verwenden, eine antisemitische Bestie.
gleichzeitig veröffentlicht bei Fisch&Fleisch
Update: Die Passage zur Straßenumbenennung von Babyn Jar wurde am 24.3.2023 hinzugefügt. Erst durch Arno Klarsfeld habe ich davon erfahren.
Manfred Breitenberger
Was muss ich mir unter einer „antisemitischen Bestie“ vorstellen?
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Die Redewendung „antisemitische Bestie“ ist eine Reminiszenz an die „ideologiekritische“ Linke.
Den Text Babyn Jar habe ich vo ein paar Wochen in Facebook eingestellt. Ich bin dort mit vielen „Ideologiekritikern“ befreundet. Die Szene der Ideologiekritiker ist gespalten in zwei Fraktionen, einerseits die Autoren und Leser der Zeitschrift Bahamas und andererseits in Autoren und Leser der Zeitschrift Jungle World. Ideologiekritiker kritisieren Ideologien, also Religion, vor allem den Islam, sie kritisieren den Kommunismus, den Stalinismus, den Nationalsozialismus, vor allem den Antisemitismus, insbesondere den linken Antisemitismus und sie sind absolut solidarisch mit Israel. Die Leute um die JW stehen eher auf der Seite von Flüchtlingen und die Leute der Bahamas kritisieren dabei mehr als die ersteren den Islamismus, den islamischen Terror. Beide Fraktionen hassen sich bis aufs Blut, bis zum Ukrainekrieg, jetzt gibt es eine große Gemeinsamkeit, beide Fraktionen hassen Russland.
Jetzt zur Bestie: Vor über 5 Jahren wurden in Israel rund 20 afrikanische Flüchtlinge abgeschoben, die vergeblich Asyl beantragt haben. Rund 30 Israelis demonstrierten gegen die Abschiebung und hielten ein Plakat in die Luft, mit einem Nazi-Israelvergleich. Natürlich können sich auch Juden antisemitisch äußern. Oliver Vrankovic lebt in Israel und postete solidarisch mit den Demonstanten einen Zeitungsartikel mit einem Bild darüber in Facebook. Thomas Osten Sacken teilte den Post. Beide gehören der Fraktion der JW an. Darauf nannte Justus Wertmüller, der Chef der Bahamas, TOS eine antisemitische Bestie. Diese Zuweisung war damals in der Szene in aller Munde, ein großes Thema.
Ich streite seit rund einem halben Jahr mit diesen Leuten wegen dem Ukrainekrieg, ansonsten gibt es viele gemeinsame Ansichten, mal bei dieser, mal bei der anderen Seite. Mein Post war eine Provokation für die Ideologiekritiker, die ich Bandera-Linke nenne, meine Kritik an Bandera oder meine Position zum Ukrainekrieg brachte bis jetzt rund 100 Entfreundungen von Ideologen aus der „ideologiekritischen“ Szene. Die „Ideologiekritiker“ wollen nicht von Bandera hören, weil ihre Ideologie sonst ins Wanken käme. Justus Wertmüller hält sich übrigens beim Ukraine-Konflikt ziemlich raus, er hat von allen Ideologiekritikern vermutlich das beste Gedächtnis, ein gutes Geschichtswissen. TOS ist ein Hardliner was Waffenlieferungen und Sanktionen angeht.
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Etwas Off-Topic – Russland und die Ukraine – Vortrag von Gabriele Krone-Schmalz
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