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DDR – Kalter Krieg – Mauerbau

Als am 9. November in Berlin die Mauer fiel, sangen in Bonn die Abgeordneten im Bundestag spontan über alle Parteigrenzen hinweg, die Nationalhymne.  Zuletzt war dies am 17. Mai 1933 der Fall. Nach der außenpolitischen Erklärung des Führers und Reichskanzlers verbanden sich die Abgeordneten der NSDAP, des Zentrums und auch der Sozialdemokratie spontan zum Gesang des “Deutschland, Deutschland über alles“. Kommunisten gehörten dem Parlament schon damals nicht mehr an, sie waren auf dem Weg in die Konzentrationslager. Die Sozialdemokraten wurden erst beim Verlassen des Reichstages von der Gestapo abgefangen.

23 Kommentare leave one →
  1. 7. September 2011 02:18

    Ich war gerade wieder im anderen Deutschland. Gleich 50 Kilometer nach der Gedenkstätte für einen ehemaligen deutsch-deutschen Grenzübergang empfing mich die Gedenkstätte eines KZ-Außenlagers, das im April 45 die meisten der Insassen mit einem Todesmarsch vernichtete. Die SS-Schergen und Lagermächtigen machten kurz vor Einmarsch der Alliierten fast alle Selbstmord, sagt die Dokumentation. – Ein paar Kilometer weiter ein UNESCO-Weltkultur-Erbe, 1300 Fachwerkhäuser, eine gesamte erhaltene vollkommene mittelalterliche Stadt. Mitsamt der Grablege des ersten deutschen Königs, des Herzogs von Sachsen, Heinrich, dem I. Eine Pfalz, eine Pfalz der Ottonen dann, und ein langlebiges Kloster für den weiblichen Hochadel.
    Geschichte – und damit haben wir zu tun! Mit alter und jüngerer, jüngster Geschichte.
    Die Mauer, der Kalte Krieg und der Systemgegensatz ist eine Zuspitzung der Geschichte der Klassenkämpfe gewesen nach dem Krieg von Faschismus versus Kommunismus. Mit Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit hat die Mauer nur insofern zu tun, als daß ihre Gedenkstätte eine braune Ideologie darüber gießt, den prinzipiellen Antikommunismus, den blinden Totalitarismus. Die Mauer aber gehörte zum Versuch der Exilierten, die Ideale der Französischen Revolution Wirklichkeit für alle werden zu lassen. Das Scheitern nimmt ihr keinen Deut an Wahrheit.
    Ich war und bin für ein anderes Deutschland; nein: für eine ganz andere Welt.

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  2. 28. Oktober 2011 23:34

    Brief an die Leser/in
    Thema Mauerbau

    Sie, Tim Bendzko,
    sangen sich im »Bundesvision Song Contest 2011« mit einem Lied zum Sieg, das den Titel »Wenn Worte meine Sprache wären« trägt und Ihr Problem mit Zeilen wie den folgenden veranschaulicht: »Mir fehlen die Worte, ich / hab’ die Worte nicht / dir zu sagen, was ich fühl’ / ich bin ohne Worte, ich / finde die Worte nicht« usw. usf.
    Wir meinen: Warum lassen Sie’s dann nicht einfach?
    Plädiert für eine nonverbale Lösung:
    Titanic

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  3. Der Bassist permalink
    26. Februar 2012 22:18

    Ohne Worte und ohne Kommentar mit wahrem Forennamen:
    ForenBoy schreibt:
    25. Februar 2012 um 11:53
    Wie unsinnig so Aussagen dieses fanatischen “Holocausts-Spezialisten” wie diese “Sowenig die Bundesrepublik ein faschistischer, so wenig war die DDR nach 1953, auf jeden Fall nach 1961, ein stalinistischer Staat.” sind, wird deutlich, wenn man sich an den Mauerbau und dessen Wirkung genau zu diesem Zeitpunkt erinnert.
    Auch die Aussage von Hannah Arendt “Ich erwähnte bereits den Abbau totaler Herrschaft, der nach Stalins Tod einsetzte. […] Dass man die Sowjetunion im strengen Sinn des Wortes nicht mehr totalitär nennen kann, zeigt natürlich am deutlichsten das erstaunliche und üppige Wiederaufblühen der Künste in den letzten zehn Jahren.” ist eine ähnlich merk befreite “Beweisführung”.
    Vor allem versuchen solche Herrschaften den Gauck in einen Kontext zu stellen, in dem er sich nie bewegt hat, und die Art der “Diskussion” findet ja leider nicht nur in der MI statt.
    Ich freue mich schon auf die Erklärungen seitens Gauck, mit denen er den Blödsinn, der hier und anderswo jetzt über ihn verbreitet wird, ad absurdum führt.
    ____
    Wie weit kann einer eigentlich reinkriechen, in die deutsche Ideologie?

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    • 27. Februar 2012 10:51

      Mit Verlaub – wenn es denn eine Deutsche Idiologie gäbe – hier wird in diesem Blog man sie gewahr. Dabei spielt es keine Rolle, ober der linke gegen den rechten oder der rechte gegen den linken Hacken knallt. Der Ton ist immer gleich.

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    • 27. Februar 2012 16:01

      “Krieg den deutschen Zuständen!”, forderte Karl Marx im Januar 1844, hundert Jahre vor der Wannseekonferenz. Indem Marx die “Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie” leistete und wenig später die Kritik der “Deutschen Ideologie”, bestimmte er das materialistische Denken als das Denken in der Form der Kritik, als Denken mithin, das, indem es sich selbstkritisch der Projektion des auf Logik erpichten Verstandes in seinen Gegenstand hinein verweigert, und das, indem es seiner naturwüchsigen Neigung zur Rationalisierung und Ersatzbildung widersteht, fähig wird, sich der Vernunft in der Geschichte zu vergewissern und sich so zum subversiven Organ dieser objektiven Vernunft zu machen. Allerdings: die Vernunft in der Geschichte war die einer bürgerlichen Gesellschaft, wie sie 1789 revolutionär in Erscheinung trat; die bürgerliche Gesellschaft der Deutschen dagegen, die sich in den zutiefst reaktionären “Befreiungskriegen” unter der geistigen Schirmherrschaft Johann Gottlob Fichtes und in der Fit-for-fun-Bewegung des Turnvaters Jahn konstituierte, war schon zum Zeitpunkt der Marxschen Kritik unter aller Kritik; und sie war es daher auch, die die grausige, zutiefst negative Dialektik installierte, die die bürgerliche Gesellschaft vom Sturm auf die Bastille zur Wannseekonferenz im Januar 1942 führen sollte.

      Der Massenmord an den Juden denunzierte das Glücksversprechen der Bürger als grausigen Hohn, als eine Ideologie, die nichts mehr an sich hatte von der Notwendigkeit eines falschen Bewußtseins, sondern die die Lüge war, die sich wahr machte. Seitdem ist jede Geschichtsphilosophie Propaganda, insbesondere in Deutschland, wo das zum Grundgesetz erhobene “Nie wieder Weimar!” und das zum Konsens erklärte “Aus der Geschichte lernen!” nichts anderes bezweckt als Reklame für die Staatlichkeit der deutschen Volksgemeinschaft in ihrem einstweilen noch zwangsdemokratisierten Zustand.

      Was von Marx bleibt, nachdem die Weltrevolution der Arbeiter noch nicht einmal an der Shoah genug Anlaß fand, sich von der Theorie in die Praxis zu bequemen, ist nur ein bißchen Materialismus, das also, was übrig bleibt, wenn man das Moment der Kritik aus einem “Marxismus” erlöst, der selbst zwar nicht zu den Urhebern, aber zu den Bedingungen der Möglichkeit der Shoah gehört. Dieser Materialismus der Kritik, das heißt die Notwehr gegen die Rationalisierungsleistungen des Theoretisierens und ergo Ideologisierens, findet sich bereits in der “Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie”, also in der Kritik der deutschen Zustände von 1844:

      “Krieg den deutschen Zuständen! Allerdings! Sie stehn unter dem Niveau der Geschichte, sie sind unter aller Kritik, wie der Verbrecher, der unter dem Niveau der Humanität steht, ein Gegenstand des Scharfrichters bleibt. Mit ihnen im Kampf ist die Kritik keine Leidenschaft des Kopfes, sie ist der Kopf der Leidenschaft. Sie ist kein anatomisches Messer, sie ist eine Waffe. Ihr Gegenstand ist der Feind, den sie nicht widerlegen, sondern vernichten will.” Und weiter: “Die Kritik, die sich mit diesem Inhalt befaßt” – Deutschland! – “ist die Kritik im Handgemenge, und im Handgemenge handelt es sich nicht darum, ob der Gegner ein edler, ebenbürtiger, ein interessanter Gegner ist, es handelt sich darum, ihn zu treffen.” Kritik ist derart die Quintessenz des Materialismus, sie “bedarf nicht der Selbstverständigung mit diesem Gegenstand, denn sie ist mit ihm im reinen”.

      Denn Deutschland ist das Produktionsverhältnis des Todes. Und daher ist der Materialismus nicht “links”, zumindest nicht im Sinne einer “Linken”, die es spielend fertig bringt, einerseits den Antisemitismus zu kritisieren, andererseits allerhand Antizionismus auszubrüten und Israel das Verderben an den Hals zu wünschen; nicht “links” im Sinne einer “Linken”, die den Kampf gegen das Phantasma der “Globalisierung” aufregend findet und im übrigen glaubt, daß an der Börse doch allerhand faul ist; nicht im Sinne einer “Linken”, die zwar keinen klaren Gedanken fassen kann, aber doch Foucault und Lyotard, Heidegger und Derrida sehr bedenkenswert findet. Materialismus ist nicht “links” im Sinne einer politischen Orientierung, sondern als Kritik der Politik, nicht “links” im Sinne einer Utopie des gerechten Tausches, sondern als die Kritik der politischen Ökonomie, er ist auch nicht wahr und wahrhaftig im Sinne von Theorie, sondern die negative Wahrheit als Resultat der Kritik der Erkenntnis, indem er die Denkform aus den Formen von Wert und Ware und Kapital “ableitet”. Materialismus ist schlußendlich gar nicht “links” im Sinne derer, die in Berlin-Mitte vom “negativistischen Ableitungsmarxismus der Wertkritik” schwatzen, oder nach dem Gusto derer, die in der badischen Provinz gegen die “neue deutsche Wertkritik” immer dann brutteln und granteln, wenn es darum geht, im neuen Jahrtausend endlich die Konsequenzen aus der Marxschen Feststellung von 1844 zu ziehen, daß sich die Deutschen “immer nur einmal in der Gesellschaft der Freiheit befanden, am Tag ihrer Beerdigung”.

      Weiterlesen bei: Kritik der deutschen Ideologie

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      • 27. Februar 2012 19:34

        Wie ist das eigentlich so, mental 1844 hängen geblieben zu sein. Tut es weh?

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      • 27. Februar 2012 23:09

        Die Antwort ist vielleicht eine Frage der Perspektive. – Ich jedenfalls finde das Zitat von der isf sehr aktuell, und auch die vom Ca-ira-Verlag verlegten Bücher bis heute traumwandlerisch gegenwärtig. Die erste Zeitschrift der Freiburger Sozialforscher – ‚Kritik und Krise‘ im DIN-A3-Format – verwahre ich heute noch in meiner Asservatenkammer, diverse Bücher nächst dem Schreibtisch. – Die schönste Erinnerung allerdings geht elf Jahre zurück, als in den Dunkelkammern der badischen Politszene Joachim Bruhn den Vortrag von Hermann L. Gremliza einführte. Denn: Sehr gelacht wurde trotz und nach aller Kritik nicht nur über den Stand der Klassenkämpfe, sondern vor allem aufgrund des generell frohen Sinnes der Kritiker. – Bei den Kritisierten findet man ja doch bloß dumpfen Frohsinn.

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      • Der Bassist permalink
        28. Februar 2012 01:51

        Hallo, Michael Pliwischkies, es gibt viele olle bis heute tragende menschengemachte Kamellen um 1844 rum: „Im Jahr 1833 wurde bei der Herstellung von Schiffszwieback in England ein Fließband eingeführt.“ (Wiki) Die Glühbirne wurde 1844 erfunden, ebenso die wirklich funktionierende Dampfmaschine. Das Fußballspiel bekam ein Regelwerk und die Dominikanische Republik wurde unabhängig, der Vertrag von Wanghia wurde geschlossen und die erste telegrafische Nachricht im Morse-Alphabet von Washington, D. C. nach Baltimore gab es, Bill Gates und Apple Jobs grüßen da schon — ganz abgesehen vom schlesischen Weberaufstand, der heute freilich in schwächelnden Gewerkschaftsverhandlungen mit dem Klassenfeind mündet. Weshalb alle normalen Leute immer ärmer, die anderen aber reicher werden. (Und Griechenland gerettet werden muß in deutschem Überschwang.) – Weil man weder die Geschichte kennt noch genügend Empörung aufbringt als akademisiertes Proletariat. – Ja, tut weh.

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      • 28. Februar 2012 09:58

        Interpretation bleibt es und der Maßstab ist „modern“. Es „kann“ durchaus Linien geben, muss aber nicht sein. Und die Geschichte – ja, die nutzen ja Viele und benutzen lässt sie sich auch, wenig wehrhaft, wie sie ist. Und was das Menschengemachte betrifft. Bei Dingen kommt es immer darauf an, wie man sie benutzt. Ist das Fließband von heute noch das Fließband von 1844 oder ist es ein ganz anderes Ding? Was ist mit den beweglichen Lettern der ersten Buchdrucker? Ist die heutige Verbreitungstechnik nur eine Entwicklung daraus oder etwas ganz anderes? Die wirklich funktionierende Dampfmaschine – was ist das heute? Ein Zeichen. Für was wird es benutzt, wofür steht es, wer benutzt es in welchem Kontext, innerhalb welcher Motivation? Wir stehen nicht mehr vor Eisenbahnen und haben Angst, dass wir keine Luft mehr bekommen, weil sie zu schnell zum Atmen fährt.

        Wie bereits schon einmal angeführt: Äpfel sind rot. Tomaten sind Äpfel. So kann man aber weder mit Geschichte, noch mit Vegetarischem umgehen.

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        • 28. Februar 2012 22:17

          Michael, ich will noch mal auf die Perspektive zurückkommen. Natürlich ist heute alles moderner, fortgeführt, entwickelt. Aber auch anders? – Nicht ganz umsonst gibt es die Epochen, Antike, MA, Moderne, natürlich darin Differenzierungen. Aber: Wenn die Perspektive Herrschaft vs Freiheit ist, Inhumanität vs Humanität, Zwang vs Selbstbestimmung, dann hat das Marxsche (i.e.) kritische Denken bis heute in nichts verloren. Die Verhältnisse haben sich nicht fortentwickelt, also die ‚menschlichen‘. Obwohl die Möglichkeiten, die objektiven, gestiegen sind. – Damit meine ich damit, daß auch das Jahr 1844 von Marx und der ISF sehr aktuell sind, weil perspektivisch diskutiert. Marx sagt das mit dem Wort, alles noch Vorgeschichte, Bloch auch (plus Vorschein), und Pohrt schrieb gerade ganz aktuell: Immer noch kein Fortschritt, im Prinzip steht der Erdball in der menschlichen Steinzeit. – Na, da stimme ich aber zu. Nun Du.

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        • 29. Februar 2012 08:16

          Im Prinzip stimme ich dir da „mental“ auch zu, nur darf man eben dennoch nicht vergessen, dass sich die Granulation fortlaufend ändert, wie die Abhängigkeiten eben auch. Ganz ehrlich – natürlich kannst du konstatieren, dass der Mensch sich im Grunde nicht ändert, stets die gleichen Reaktionsmuster aufweist, wenn du ihn als Grundsatz betrachtest. Dann aber müsstest du den Kopf konsequenterweise auch in den fatalistischen Sand rammen und mit dem analysieren aufhören. Letztendlich ist unsere Welt immer künstlich, da wir sie zu einem großen Teil „erschaffen“ und das im Idealfall so, dass möglichst viele Menschen darin „artgerecht“ leben können. Dazu ist ein steter Ausgleich der Interessen notwendig und dieser Vorgang hat sich – denke ich – schon verändert, allein, weil er heute viel konstanter und offener stattfindet. Auch, wenn wir hier schreiben, tun wir das unter anderen Umständen, als bspw. Marx es tat. Er gewann seine Erkenntnisse unter den Eindrücken britischer Industrialisierung und den entsprechenden sozialen Bedingungen. Und natürlich beeinflussen derlei Eindrücke die eigene Interpretation, die eigenen Schlüsse – die zu diesem Zeitpunkt natürlich folgerichtig sind. Sie lassen sich jedoch nur als Theorie über einen längeren Zeitraum tragen, dann bedürfen sie einer Neubetrachtung, weil sich Prämissen geändert, weiterentwickelt haben, Dinge, die damals als „Gesetz“ galten, so nicht mehr bestehen. Ich lehne marxsches kritisches Denken keineswegs ab – aber sehr wohl einen „religiösen“ Umgang damit. Zudem wird man keinem Denker so wirklich gerecht.

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  4. 28. Februar 2012 11:49

    obwohl Tomaten auch viel Vitamin C enthalten

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    • 28. Februar 2012 11:58

      „In der Linken hielt er das scharfe Schawert, in der Rechtn die Reichstomate“

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  5. 28. Februar 2012 11:53

    Natürlich ist ein Fliessband von 1844 net das von heute. Aber es bezeichnet eine Entwicklung, die heute übrigens ungebrochen weitergeht. Der Mauerfall vor über zwanzig Jahren war ebenso ein Wendepunkt. Endlich konnten genug Bananen in den Osten gelangen 🙂

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  6. 29. Februar 2012 09:50

    „Und natürlich beeinflussen derlei Eindrücke die eigene Interpretation, die eigenen Schlüsse – die zu diesem Zeitpunkt natürlich folgerichtig sind.“

    Die Praemissen aendern sich, richtig. Aber können wir überhaupt über die Zukunft schreiben – ohne uns auf die Vergangenheit zu beziehen?

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    • 29. Februar 2012 11:47

      Zu beziehen ist der Fehler. Man muss die Vergangenheit analysieren, abstrahieren und die gewonnenen Erkenntnisse dann für die Gegenwart und Zunkunft im Betracht ziehen, wenn es um deren Analyse geht. Vorher müssen wir sie aber eben einordnen und wenn eine Sicht aus der Vergangenheit entstand, weil sie durch z.B. verheerende Wohn- und Arbeitsverhältnisse bestimmend zustande kam, ist dieser Schluss eben auch nur dann zulässig, wenn sich diese oder vergleichbare Ereignisse wiederholen und selbst dann sind noch weitere Faktoren mit einzubeziehen. Ich kann bei einer aktuellen oder heutigen Betrachtung nicht so tun, als hätten Erkenntnisse aus oder aufgrund der Vergangenheit direkte Bedeutung bis in alle Ewigkeit. Oder anders herum: Stell Dir vor, du wärst ein alter Grieche – damals – und würdest eine Vorhersage für die Politik im Jahr 2012 treffen wollen, bei deinem damals gültigen Verständnis von Demokratie, die wir ja – angeblich – auch heute als System nutzen. Have Fun.

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    • 29. Februar 2012 18:02

      Ich bin auch der festen Überzeugung, dass die Gegenwart nicht verstanden werden, sie nicht verbessert werden kann, wenn nicht die Geschichte analysiert und aus ihr gelernt wird.

      Der Nazifaschismus hat die Dialektik von Reform und Revolution, von der Rosa Luxemburg sprach, aufgehoben. Das Lehrstück vom 1. und vom 2. Mai 1933 zeigt dies viel deutlicher als das vom 4. August 1914; es bezeichnet den Beginn einer neuen Epoche. Damals tat die Gewerkschaft alles, um mit den Nazis ins Geschäft zu kommen. In ihrer Grundsatzerklärung aus den letzten Apriltagen 1933 heißt es: “Die nationale Revolution hat einen neuen Staat geschaffen. Dieser Staat will die gesamte deutsche Volkskraft einheitlich zusammenfassen und machtvoll zur Geltung bringen. Aus diesem volklichen Einheits- und Machtwillen heraus kennt er weder klassenmäßige Trennung noch volksabgewandte Internationalität. … Die deutschen Gewerkschaften sind des Glaubens, daß sie der großen Aufgabe des neuen Staates, alle Kräfte des deutschen Volkes zu einer starken Einheit zusammenzufassen, am besten dienen, wenn sie sich über alle Trennungen der Vergangenheit hinweg zu einer einzigen umfassenden, nationalen Organisation der Arbeit vereinigen.” Mit dieser Wendung gegen die “volksabgewandte Internationalität” gab die deutsche Arbeiterbewegung, gaben die Gewerkschaften die Juden zum Abschuß frei, noch bevor die SPD Hitler im Reichstag den grenzenlosen deutschen Friedenswillen bescheinigte: Es war die Wendung hinein in die Volksgemeinschaft der “Schaffenden” gegen die sogenannten “Raffenden”. Darin besteht das programmatische Fundament der modernen Einheitsgewerkschaft, des DGB, der ebenso nationalen wie sozialen, der sozialnationalistischen Deutschen Arbeitsfront der Gegenwart. Der DGB ist die “nationale Organisation der Arbeit” im Standort Deutschland. Die Nazis hatten den 1. Mai vom Kampftag zum Feiertag, zum “Tag der nationalen Arbeit” erhoben, und die 1. Mai-Zeitung des ADGB schrieb damals: “Niemals hat die Arbeiterschaft, die sich zum Sozialismus bekannte, verkannt oder gar verneint, daß der Ausgangspunkt aller politischen Erwägung und aller politischen Arbeit die Nation ist.” Damit war eine Politik auf ihren Begriff gebracht, die, wie es hieß, “durch Sozialismus zur Nation” wollte; und damit war der Sozialismus der Arbeiterbewegung (incl. ihrer kommunistischen Fraktion) als bloß anderer Name der Volksgemeinschaft kenntlich geworden. So wenig, wie die Sozialdemokratie im August 1914 die Arbeiter verraten hatte, so wenig tat sie es 1933.
      (Kritik der deutschen Ideologie)

      Ich weiß das wir im Jahre 2012, in einer völlig anderen Zeit leben, aber ich erkenne doch einige Parallelen und ich habe in den letzten Jahren einige Leute in der Blogosphäre näher kennengelernt deren Ansichten mich erschreckten und sehr stark an diese Volksgemeinschaft der “Schaffenden” erinnern.

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  7. H. Herforder permalink
    20. November 2012 19:39

    Dass Bürger bespitzelt wurden und weder Post noch Telekommunikation vor dem staatlichen Zugriff sicher waren, kennt man aus der DDR. Dass aber auch in der Bundesrepublik ähnliche Zustände herrschten, ist neu. Der Freiburger Historiker Josef Foschepoth beschreibt genau das in seinem neuen Buch „Überwachtes Deutschland“.
    Im ehemaligen Bahnpostamt in Hamburg wurden jahrzehntelang Briefe und Pakete aus der DDR aufgerissen und durchsucht. „Die Post wurde hier vom Postbahnhof in den Aufzug im Mittelbau transportiert und von dort in den siebten Stock befördert“, erinnert sich Carl-Henry Dahms, ehemaliger Beamter der Bundespost. „Das war ein Raum mit drei bis vier Postbeamten und einem Zollbeamten. Das fand an Tischen statt, die vor dem Fenster angeordnet waren.“
    „Diese Überwachungsstellen gab es eigentlich in jedem größeren Postamt“, so Foschepoth, „und zwar einmal für die Überwachung der deutsch-deutschen Post und dann aber auch, das ist ein weiterer Aspekt, eine Überwachungsräumlichkeit unterschiedlicher Größenordnung für die Alliierten, für die Besatzungsmächte.“ Der Freiburger Historiker konnte erstmals streng-geheime Akten sichten und fand heraus: In westdeutschen Postämtern wurden in großem Stil Telefone angezapft und die Post überwacht, über Jahrzehnte.
    „Man kam auf die Idee, dass man an vier Stellen sogenannte Aussonderungsstellen einrichten sollte“, so Foschepoth. „Aussonderungsstellen waren Hamburg, Hannover, Bebra beziehungsweise Bad Hersfeld und Hof, sodass eine zweite Westgrenze gezogen wurde, über die eigentlich keine Post aus der DDR mehr in den Westen gelangen sollte.“ Die Bahnpost aus der DDR wurde in den sogenannten Aussonderungsstellen zentral gesammelt. Schon in den Zügen begannen Postbeamte zu sortieren. Sie lasen Postkarten, tasteten Sendungen ab. Zeitungen, Bücher, Broschüren – verdächtg war beinahe alles, was von drüben kam.
    Die Angst der Alliierten vor dem Kommunismus war groß. Die Bundesrepublik war ein Frontstaat im Kalten Krieg. Hier herrschten ganz besondere Bedingungen. Konrad Adenauer ließ sie sich diktieren, am Parlament vorbei. „Ich habe die entsprechenden Akten und Quellen in Washington und London durchgeschaut“, so Foschepoth, „und auch bis dahin teilweise noch geheim gehaltene Akten einsehen können und dabei den erstaunlichen Fund gemacht, dass Adenauer mit den Alliierten über diese Vorbehaltsrechte zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs und über den Geheimdienstvorbehalt, der den alliierten Geheimdiensten praktisch einen rechtsfreien Raum, ein rechtsfreies Agieren in der Bundesrepublik zusicherte, eine gemeinsame Vereinbarung getroffen hat.“
    Die Sonderrechte der Alliierten, so sagt Foschepoth, gelten übrigens immer noch. Nur dass heute niemand mehr Briefe öffnen muss, E-Mails sind viel leichter zu knacken.
    Die Website von 3sat gibt Bescheid!

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    • 20. November 2012 22:53

      Bis zu 4000 Briefe wurden in den 1960ern und 1970ern geöffnet und das Briefgeheimnis in staatlichem Auftrag gebrochen. Ein wahrlich dunkles Kapitel in der antikommunistischen Bundesrepublik.

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    • 21. November 2012 00:40

      Dazu paßt der Titanic-Newsticker „Vertriebene im Zweilicht“:
      Eine jüngst veröffentlichte Studie des Instituts für Zeitgeschichte kommt zu dem Ergebnis, daß der Bund der Vertriebenen (BdV) von ehemaligen Nationalsozialisten dominiert wurde.

      In weiteren Meldungen: +++ Langjährige Studie belegt: Merkel in der CDU +++ Naturforscher sicher: watschelnde, quakende, entenähnliche Kleinvögel sind Enten +++ Männer finden Brüste erstaunlich anziehend +++ Kinderpsychologen decken auf: Überraschungs-Eier oft wenig überraschend +++

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