Zum Inhalt springen

Ukrainische Nachtigallen

1. Februar 2022

Mithilfe des kaiserlichen Deutschlands hatte sich die Ukraine 1918 von Russland abgespalten und mit dem Frieden von Brest-Litowsk hielten deutsche Truppen die Ukraine besetzt. Die Ukraine war das letzte Bollwerk gegen die Oktoberrevolution. Mit ausländischen Interventionen zugunsten der Konterrevolution und vielen antijüdischen Massakern von Seiten der konservativ-monarchistischen „Weißen” unter Anton Denikin wurde der jahrelange Bürgerkrieg in die Länge gezogen. Der militante ukrainische Nationalismus mit seinen antirussischen und antijüdischen Kennzeichen hat seine Wurzeln in dieser Zeit. 1919 massakrierte die ukrainische Armee 1.700 Juden in Berditschew, Schytomyr und Proskurow. Insgesamt wurden in dem Bürgerkrieg 530 jüdische Gemeinden angegriffen mit über 30.000 Toten und hunderttausenden Verletzten. Der Regierungschef und Oberbefehlshaber der Armee der damaligen Ukrainischen Volksrepublik hieß Symon Petljura. Am 25. Juni 1926 wurde auf ihn von Scholom Schwartzbard in Paris ein Anschlag verübt. Seine Familie war während des Bürgerkriegs Opfer antijüdischer Massaker geworden und 15 seiner Familienangehörigen wurden ermordet und Schwartzbard machte Petljura dafür verantwortlich. Schwartzbard wurde von einem Pariser Gericht freigesprochen.

Am 22. Juni 1941 überfiel Deutschland die Sowjetunion und in dem folgenden rassebiologischen Vernichtungskrieg wurden 27 Millionen Sowjetbürger ermordet, mehr als die Hälfte davon hinter der Front. In der Westukraine wurde der von der deutschen Propaganda als europäischer Kreuzzug zur Verteidigung der Kultur gegen den jüdischen Bolschewismus begeistert aufgenommen. In den Gefängnissen von Lemberg waren antikommunistische Ukrainer inhaftiert, die ins Hinterland transportiert werden sollten. Am 25. Juli versuchten ukrainische Nationalisten sich gegen die abziehenden Sowjets zu erheben, und die politischen Gefangenen zu befreien. Der Aufstand misslang und die Sowjets liquidierten tausende Häftlinge.

Noch vor dem Einmarsch der deutschen Truppen verübte Stepan Bandera mit seiner OUN ein Massaker in Lemberg  mit über 7.000 ermordeter Juden und  Kommunisten. Das Bataillon Nachtigall, mit dem späteren Bundesvertriebenenminister Theodor Oberländer, marschierte am 30. Juni 1941 in Lemberg ein.  Unmittelbar nach dem Einmarsch der Deutschen kam es vor allem durch die ukrainische Miliz OUN zu Judenpogromen. Nach den Verhaftungen der Juden gab es als Höhepunkt der Quälereien ein immer wieder eingesetztes Ritual, durchgeführt vom Bataillon „Nachtigall“ der „Legion Ukrainischer Nationalisten“, das gestartet wurde mit dem Befehl: „Antreten zum Spießrutenlaufen.“ Auf deutschen Befehl hin stellten sich ukrainische Soldaten in einem Spalier auf und pflanzten ihr Seitengewehr auf. Der israelische Staatsbürger Abraham Goldberg hat an seine Verhaftung folgende Erinnerung: „Nach dem Aufladen gab ein Offizier den Befehl zum „Spießrutenlaufen“. Daraufhin stellten sich die Ukrainer in zwei Reihen auf, alle hatten Gewehre und pflanzten die Bajonette auf. Wir mussten durch die Reihen laufen, während sie mit den Kolben auf uns einschlugen und stachen. Mit mir waren etwa 500 Juden dort, und fast alle wurden von den Ukrainern erschlagen, auch meine beiden Freunde.“ Ende Juli kam es zu den sogenannten Petliura-Tagen. Drei Tage durchkämmten die ukrainischen Nationalisten die jüdischen Bezirke Lembergs. Sie nahmen Gruppen von Juden auf den jüdischen Friedhof und ins Lunecki-Gefängnis und erschossen mehr als 2.000.

Im weiteren Verlauf des Krieges ermordeten die Deutschen mit ihren ukrainischen Gehilfen, der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) und der Ukrainische Aufstandsarmee (UPA) alleine in Lemberg 400.000 Juden und 140.000 russische Gefangene. Nach der Besetzung Kiews wurden unter anderem in der Schlucht von Babij Yar  zwischen dem 29. und 30. September mehr als 33 000 Juden, überwiegend Frauen, Kinder und Alte erschossen. Beteiligt an dem Massaker waren unter anderen das Sonderkommando 4a,  Kommandos des Polizeiregiments Süd und die ukrainische Miliz. Die jüdische Gemeinde Galiziens, mehr als 540.000 Menschen, wurde fast vollständig ausgelöscht. Maximal drei Prozent der galizischen Juden haben den Terror überlebt. Ukrainische Hilfspolizisten der Wehrmacht und Verbände der OUN beteiligten sich am Völkermord und exekutierten noch im Frühjahr 1944 in die Wälder geflüchtete Juden.

Das Grab von Symon Petljura in Paris ist für „westlich orientierte“ ukrainische Politiker zum beliebten Anziehungspunkt geworden. Heute verehren die meisten pro-westlichen Parteien der Ukraine Massenmörder wie Stepan Bandera und Nazigefolgsleute der OUN, sowie Symon Petljura als Gründerväter der „Ukrainischen Nation“. Die rechtsextreme Swoboda mit ihrem Vorsitzenden Oleh Tjahnybok beruft sich explizit auf die OUN und Bandera. In der gesamten Westukraine wird Stepan Bandera kultisch verehrt. Seit der ukrainischen Unabhängigkeit, also nach 1990, wurden um die 50 lebensgroße Statuen oder Büsten von Stepan Bandera in der Westukraine erbaut. Das Bandera-Denkmal in Lwiw misst sieben Meter vor einem 30-Meter-Bogen. In Iwano-Frankiwsk beispielsweise ist ein Bandera-Denkmal auf einem 4,8-Hektar-Areal errichtet und neben den Denkmälern und Tafeln wurden Hunderte von Straßen nach Stepan Bandera benannt. In Lwiv, dem ehemaligen Lemberg wurde eine Stepan-Bandera-Straße neugestaltet. Das deutsche Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit gab dafür 2019 einen Zuschuss von 72.000 Euro. Außer den Denkmälern entstanden seit 1990 sechs Bandera-Museen an mit seinen Lebensphasen verbundenen Orten. Naturgemäß gibt es auch in Lwiw ein Museum für den Massenmörder. Im Jahr 2009, zum 100. Geburtstag von Bandera wurde im ehemaligen Lemberg, dem Ort seiner grausamsten Verbrechen, eine Briefmarke mit dem Konterfei des antisemitischen Massenmörders herausgegeben.  Im Jahr 2012 rief der Oblast Lwiw den „Stepan Bandera, Held der Ukraine“-Preis ins Leben, der jeweils am 1. Januar, an Banderas Geburtstag an eine entsprechende Einzelperson oder eine Organisation vergeben wird. Trotz Protesten aus dem Ausland, vor allem aus Polen, Israel und Russland verlieh der ukrainische Präsident der „Orangenen Revolution“ Wiktor Juschtschenko Bandera posthum den Ehrentitel „Held der Ukraine“.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion erlangte 1991 die Ukraine ihre staatliche Unabhängigkeit und im folgenden Privatisierungsprozess bildeten sich, wie in Russland oder den anderen Ländern der zerfallenen Sowjetunion, mächtige und korrupte Wirtschaftsoligarchien. So bestimmen Oligarchen seither die Politik in der Ukraine, von der „Gasprinzessin“ Julija Tymoschenko bis zu Wiktor Janukowytsch scheint die Selbstbereicherung ein vorrangiges Ziel zu sein.

Wie bereits 2004 durch die damalige „Orangene Revolution“, kam am Ende des Jahres 2013 zu den Demonstrationen auf dem Maidan. Das nationale Dreierbündnis von Swoboda, UDAR von Vitali Klitschko und der Allukrainischen Vereinigung „Vaterland“ von Julija Tymoschenko machte sich auf den Weg den ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowytsch abzusetzen. Rund 15.000 Menschen unter schwarz-roten Fahnen des Nazi-Kollaborateurs Bandera zogen durch das Zentrum der Hauptstadt. Am 5. Dezember 2013 marschierte Guido Westerwelle bei einer Massenkundgebung in Kiew fest entschlossen, den Sturz des gewählten Präsidenten fordernd, in einer seiner letzten Amtshandlungen als Außenminister, Schulter an Schulter mit Vitali Klitschko, worüber sich der russische Außenminister Lawrow beschwerte, worauf Westerwelle erwiderte: „Europäer lassen sich von niemandem vorschreiben, ob und wie sie zueinander finden.“  Über zwei Monate dauerte die Belagerung des „Unabhängigkeitsplatzes“, bei der mit Pfeilen und Pflastersteinen auf Polizisten geschossen und geworfen und mit Brandsätzen mittels Katapults die Macht der Straße demonstriert wurde, bis die demokratisch gewählte prorussische Regierung Janukowitsch gestürzt war.  „Wir erwarten von der ukrainischen Regierung, dass sie die demokratischen Freiheiten, insbesondere die Möglichkeiten zu friedlichen Demonstrationen, sichert“, redete es aus der deutschen Kanzlerin Angela Merkel. Ob Angela Merkel dasselbe von sich gegeben hätte, wäre der Berliner Reichstag monatelang mit Brandbomben belagert worden, ist zu bezweifeln. Die prorussische Regierung unter Janukowitsch war, wie vor ihm und nach ihm, freilich kein Hort der Freiheit, sie war so korrupt wie fast alle ukrainischen Regierungen. Bemerkenswert war damals, dass die ukrainische Regierung unter Janukowitsch es zuließ, dass Rechtsextreme wochenlang Rathäuser und Ministerien besetzten und zentrale Plätze unpassierbar machen und dass sich Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der sich in Deutschland für ein Verbot der NPD einsetzte, mit Swoboda-Chef Oleg Tjagnibok bei Verhandlungen an einem Tisch fotografieren ließ. Oleg Tjagnibok stand im Dezember 2012 auf Platz 5 der „Top Ten Anti-Semitic/Anti-Israel Slurs“ des Simon-Wiesenthal-Centers. Tjahnybok ist unter anderem der Auffassung, dass die Ukraine von einer „jüdisch-russischen Mafia“ regiert wird.

Die Ukraine war und ist ethnisch und politisch ein gespaltenes Land, gespalten in die prowestliche Westukraine, in der Ukrainisch gesprochen wird und die prorussische orthodoxe Ostukraine in der viele Russen leben und in der russisch gesprochen wird. Viele Russen der Ostukraine haben die Verbrechen der OUN, der UPA und beispielsweise von Stepan Bandera bis heute nicht vergessen. Bereits 1996 prophezeite der Historiker Samuel P. Huntington in seinem Buch „The Clash of Civilisations“ die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine: „Die größte und wichtigste frühere Sowjetrepublik neben Russland ist die Ukraine. Die Ukraine ist im Verlauf ihrer Geschichte mehrmals unabhängig gewesen. Während der Nazizeit war sie hingegen meistens Bestandteil eines politischen Gebildes, das von Moskau regiert wurde. Das entscheidende Ereignis fand 1654 statt, als Bogdan Chmelnizki, Kosakenführer einer Erhebung gegen die polnische Herrschaft, bereit war, als Gegenleistung für Hilfe gegen Polen dem Zaren Bündnistreue zu schwören. Von da an bis 1991 wurde die heutige Ukraine politisch von Moskau kontrolliert, mit Ausnahme der kurzen Zeit einer unabhängigen Republik Ukraine zwischen 1917 und 1920. Die Ukraine ist jedoch ein gespaltenes Land mit zwei unterschiedlichen Kulturen. Die kulturelle Bruchlinie zwischen dem Westen und der Orthodoxie verläuft seit Jahrhunderten durch das Herz des Landes. In der Vergangenheit war die westliche Ukraine abwechselnd ein Teil Polens, Litauens bzw. des österreichisch-ungarischen Kaiserreichs. Ein sehr großer Teil ihrer Bevölkerung bekennt sich zur Unierten Kirche, welche zwar orthodoxe Riten praktiziert, aber die Autorität des Papstes anerkennt. Seit je her haben die Westukrainer Ukrainisch gesprochen und sind nationalistisch eingestellt gewesen. Das Volk der Ostukrainer war dagegen stets ganz überwiegend orthodox und sprach immer schon zu einem großen Teil Russisch.“

Nach den Ereignissen auf dem Maidan und dem Sturz der prorussischen Regierung kam es am 16. März 2014 zu einem Referendum über den Status der Krim. Die Bewohner der Krim, es leben dort überwiegend Russen, sprachen sich mit der überwältigenden Mehrheit von knapp 97 Prozent für den Anschluss an Russland aus. Die Krim gehörte zu Sowjetzeiten zu Russland, bevor sie der Ukrainer Nikita Chruschtschow 1954 der Ukraine anschloss. Im Gegensatz zur völlig verschuldeten Rest-Ukraine ist die Krim mit ihrem lukrativen Tourismus das Filetstück der Ukraine und mit Sewastopol, dem Hauptstützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte, ein unverzichtbarer Machtfaktor für Wladimir Putin. Bereits im Mai 1992 votierte das Parlament der Krim für die Unabhängigkeit von der Ukraine. Im Januar 1994 wählte die Bevölkerung der Krim einen Präsidenten der seinen Wahlkampf mit der Parole „Einheit mit Russland“ geführt hat. Jeweilige Verhandlungen mit Kiew verhinderten damals die Abspaltung. 1994 votierte das Parlament der Krim wieder für die Abspaltung, die Zurückhaltung russischer und ukrainischer Führer verhinderte aber Gewalttätigkeiten und die Wahl des prorussischen Präsidenten Kutschma zum ukrainischen Präsidenten unterminierte zu der Zeit den Sezessionsdrang der Krim.

Ebenfalls in Folge des Maidan-Umsturzes tobt seit dem Februar 2014 im Osten der Ukraine ein Sezessionskrieg. Prorussische Milizen versuchen mit Gewalt Teile der Ostukraine abzuspalten. Diese prorussischen Milizen werden offensichtlich von Russland militärisch und finanziell unterstützt, was die russische Regierung naturgemäß bestreitet. Nach tausenden Toten auf beiden Seiten und unzähligen beiderseits gebrochenen Waffenstillständen mobilisierte Russland rund 100.000 Soldaten sowie schwere Waffen an die ukrainische Grenze. Politik und Medien verbreiten die Sorge, der regionale Konflikt drohe überregional zu eskalieren. Der Westen, die USA, Deutschland und Europa drohen Putin mit Gegenmaßnahmen, von Sanktionen über die Sperrung von Nord-Stream II bis hin zu militärischen Drohungen, sollte er mit seinen Truppen in die Ukraine einmarschieren. Sogar der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warnt vor solcherlei überzogenen Befürchtungen und wirft dem Weißen Haus vor, die Bedrohung größer darzustellen, als sie sei: „Sie beteiligen sich an dieser Informationssituation, die an unseren Grenzen geschaffen wird, sie verstehen, dass es Risiken gibt, sie artikulieren das immer wieder, sie stellen es so akut und brennend wie möglich dar. Meiner Meinung nach ist das ein Fehler.“

Deutsche Politiker und Journalisten die bei der Zerschlagung Jugoslawiens das Selbstbestimmungsrecht der Kroaten und der Kosovoalbaner als unverrückbares Heiligtum gepriesen haben, sind beim Status der Krim nach dem Referendum plötzlich völlig anderer Auffassung und sprechen von der Unverrückbarkeit der Grenzen in Europa. Der frühere deutsche Uno-Botschafter und außenpolitische Berater der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel und künftige Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz Christoph Heusgen fordert nun Waffen für die Ukraine. Er „begründet“ das mit den deutschen U-Bootlieferungen an Israel und erinnert an die Ermordung von mehr als 30.000 jüdischen Ukrainern in Babyn Jar bei Kiew durch die deutschen Besatzer im September 1941. Stepan Bandera und die OUN sind kein Thema für Christoph Heusgen. Heusgen ist nicht zu Unrecht vom Simon Wiesental Center im Jahr 2019 wegen seines Antisemitismus ausgezeichnet worden. Heusgen hat den Raketenbeschuss der islamfaschistischen Hamas auf israelische Zivilisten mit der israelischen Siedlungspolitik in einem Atemzug genannt.

Der Antisemitismus und die Heldenverehrung von antisemitischen Massenmördern in der Westukraine werden in der deutschen Politik und in den öffentlich-rechtlichen Medien totgeschwiegen. Jedenfalls hat noch kein ernstzunehmender deutscher Politiker, geschweige denn ein Regierungsvertreter die Bandera-Denkmäler, die Straßennamen, die Museen entsprechend kritisiert, geschweige denn den Abriss der Denkmäler gefordert.

An Waldimir Putin und den politischen Realitäten in Russland ist sehr viel zu kritisieren, von der Unterdrückung der Opposition bis zur unverzeihlichen Kumpanei mit dem islamfaschistischen Iran und dem syrischen Massenmörder Assad. Polen, die baltischen Staaten oder die Ukraine haben zweifellos berechtigte Sicherheitsinteressen, ihre Ängste vor Russland sind nicht unbegründet. Nach dem rassebiologischen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion hat aber auch Russland, haben die russischen Überlebenden dieses Vernichtungskrieges sowie ihre Kinder und Enkelkinder berechtigte Sorgen und gute Argumente gegenüber der aktuellen Ukraine-Politik des Westens.

Politische Lösungen sind bei gutem Willen nicht unmöglich. Die kulturellen Gegebenheiten in der Ukraine können nicht mit Gewalt ignoriert werden, Teilautonomien sollten in Erwägung gezogen werden. Bereits 1996 hielt Samuel P. Huntington die Abspaltung der Ostukraine für möglich. Die Russisch-Ukrainische Beziehung ist laut Huntington für Osteuropa was für Westeuropa die deutsch-französische Beziehung ist. Die NATO muss ihre Truppen nicht vor den Toren Moskaus aufstellen. Im Rahmen der Zwei-plus-Vier-Verträge gab es feste Zusagen, dass die NATO nicht nach Osten ausgedehnt wird. Diese Zusagen wurden gebrochen, die militärische Infrastruktur der NATO-Staaten nähert sich seither stetig den russischen Grenzen. Die USA hatten 1962 berechtigte Angst vor den Raketen auf Kuba und 1983 marschierte das US-Militär völkerrechtswidrig wegen ähnlicher Sorgen in Grenada ein. In dem Konflikt spielen freilich auch wirtschaftliche Interessen eine große Rolle, die USA sind der Meinung Putin soll sein Gas doch besser behalten und dafür sollten die Europäer doch lieber das amerikanische Fracking-Gas kaufen.

Abgesehen davon, dass Russland nicht die Sowjetunion ist erscheint die derzeitige Russenphobie auf allen öffentlich-rechtlichen Kanälen als ein groß angelegter deutscher Entschuldungsversuch. Die sowjetische Befreiung vom Nationalsozialismus, die Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee und die Niederlage von Stalingrad sitzen anscheinend noch tief in den Knochen. Bemerkenswert ist in jedem Fall wieder einmal das zweierlei Maß mit dem der Konflikt in den Medien und in der Politik präsentiert wird. Samuel P. Huntington warnte den Westen von dem Islam und seiner menschenverachtenden Ideologie, er wurde kaum gehört, er befürchtete und prophezeite den Niedergang des Westens, es wird höchste Zeit ihn wieder zu lesen und zumindest ansatzweise auf ihn zu hören.

Gleichzeitig veröffentlicht bei Fisch&Fleisch

41 Kommentare leave one →
  1. chaikagrossmann permalink
    1. Februar 2022 12:36

    Ergänzend möchte ich erwähnen, dass Odessa und Sewastopol auf Befehl der Zarin Katharina gegründet wurden. Seit Peter I. War es ein Anliegen, eisfreie Häfen und den Zugang zu schwarzem Meer und dem Mittelmeer zu erhalten. Natürlich auch der Kampf gegen die Menschenjagd der Tataren khanate. Neben Antisemitismus gab es immer die Handelsware Mensch, denn das osmanische Reich basierte auf Sklaverei. Preussen und Frankreich störte das nicht, so wurde das mit Russland verbündete Habsburg gezwungen, aus der Allianz auszusteigen. Selbst als Sklaverei formal verboten war, gingen Sklaventransporte ab Riga in die arabische Welt und nach Übersee. Preussen hat immer gut daran verdient ebenso an Leibeigenschaft. Juden würden ermordet und geplündert, orthodoxe Russen vermietet oder verkauft. Und die USA und die EU sind in die Nachfolge des Empire getreten. Das great Game, das Ringen um Einfluss in Asien hat bereits Kriege hervorgerufen und die rechtsradikalen Gruppen gefördert. Das ist natürlich mit westlichen Werten vereinbar, dass Millionen Frauen verkauft oder vergewaltigt werden, Sklaverei ist akzeptabel solange der Westen mit verdient. Und was Judenhass angeht so haben deutsche Stiftungen und Parteien kein Problem damit, da sie sich vom Donauraum auch einiges versprechen. Und den Nachfolgern der OUN.

    Gefällt 4 Personen

    • 1. Februar 2022 17:41

      Chaika, stimmt diverse deutsche Stiftungen und Parteien und öffentlichrechtliche Sender haben offensichtlich kein Problem mit offenkundigem Antisemitismus und nicht nur die:

      Begleitet von Kameras der Deutschen Welle besuchte Marina Weisband, damals eine Politikerin der Piraten, heute der Grünen, nach dem Sieg ihrer Helden, das Rathaus von Kiew um sich vom „gesunden Nationalismus“ in der Ukraine zu überzeugen. Während im Rathaus von Kiew das Konterfei des antisemitischen Nazi-Verbrechers Stepan Bandera hing, an den Säulen im Treppenaufgang antisemitische Karikaturen, die beispielsweise den Bürgermeister von Charkiw abbildeten und neben vielen weiteren rechtsradikalen Symbolen an prädestinierter Stelle, die Fahne des Säuberungs-Bataillons „Nachtigall“ zu bewundern war, sprach Frau Weisband, die mittlerweile in vielen Talkshows zur Ukraineexpertin avancierte, vom „gesunden Nationalismus“, der zwar problematisch sein kann, wenn man aus Deutschland kommt, aber jedenfalls hat sie selbst hier noch keinen Antisemitismus erlebt. Im Video ca ab Minute 9:

      Gefällt 2 Personen

      • chaikagrossmann permalink
        1. Februar 2022 22:31

        Auf die Gefahr als Klugscheißer zu wirken, möchte ich dennoch darauf hinweisen, dass die OUN eigenständige Faschisten waren. Stefan Banderas war ein faschist und Verbrecher aber er bestand auf der eigenständigen Ukraine. Deswegen kam er zur Disziplinierung nach Sachsenhausen. Natürlich unter privilegierten Bedingungen. Bald darauf wurde er und seine Truppen wieder bewaffnet und der roten Armee entgegen geschickt. Aber wegen des Zwischenaufenthalt galt er den Stiftungen und deutschen Parteien als akzeptabel. Und die Grünen…nunich sage nur Claudia Roth und BDS….

        Gefällt 1 Person

        • 2. Februar 2022 11:38

          Bandera war Teil der OUN, er gehörte dem radikaleren Flügel an. Wegen Andrij Melnyk kam es zur Spaltung in die OUN-M und in Banderas OUN-B. Für kurze Zeit unterschieden sich die Ziele der Nazis und Bandera, deshalb war er kurz nicht mehr bei den Vernichtungen von Menschenleben dabei, das ist sicher richtig.

          Fakt bleibt: Für seine unabhängige Ukraine „säuberte“ Bandera das Gebiet von Polen, Russen und Juden. Darum war er ein antisemitischer Massenmörder und wenn unsere Politik dies ignoriert dann sagt das sehr viel über unsere Politiker aus.

          Like

        • chaikagrossmann permalink
          2. Februar 2022 12:50

          Äh, Banderas Truppen haben auch im Berliner Zwischenaufenthalt Polen und Russen getötet. Ich habe Zeitzeugen gesprochen, die mir erzählt haben,dass sie die OUN mehr gefürchtet haben als die Deutschen. Aber Banderas war ein antisemitischer Mörder und Verbrecher und ein faschist. Und wer schon wieder Sewastopol angreift oder angreifen will, ist auch einer. Und wer sich mit den rechtsradikalen und antisemitischen Parteien der Ukraine von heute einlässt, wie alle Parteien in Deutschland, sind ihrerseits unglaubwurdige Personen, die Antisemitismus befeuern und die Demokratie zerstören. Allen voran CDU und Grüne.

          Like

        • 2. Februar 2022 16:16

          Interessant. Ich weiß nur dass er nach dem Krieg nach München geflüchtet ist, wo viele andere Kriegsverbrecher Unterschlupf fanden, wo er unter falschem Namen gelebt hat.

          Like

        • chaikagrossmann permalink
          2. Februar 2022 23:36

          Ich schreibe an deine Adresse eine Literaturliste. Die Forschung ist deutlich weiter.
          LG

          Like

  2. steinbaer permalink
    1. Februar 2022 13:42

    Wer den offiziellen Verlautbarungen nicht bedingungslos folgt, wer Waffenlieferungen für die Ukraine ablehnt scheint ein Vaterlandsverräter zu sein.

    Gefällt 2 Personen

  3. 1. Februar 2022 14:23

    Zweierlei Maß trifft es perfekt. Was im Kosovo, Kroatien Slowenien bejubelt wurde wird den Kurden verwehrt und auf der Krim verurteilt. Putin hält den Deutschen, den Europäern und den USA den Spiegel vor. Mit dieser unglaubwürdigen Politik verlieren wir jedes Vertrauen in der Welt und ob diese Politik unseren Interessen dient bezweifle ich.

    Gefällt 3 Personen

  4. 1. Februar 2022 15:23

    Die westliche Medien und ihr Geschrei vom kurz bevorstehenden russischen Angriff auf die Ukraine ist nur noch peinlich. Die 100.000 Soldaten stehen schon lange an der Grenze, Putin wäre längst einmarschiert wenn er es gewollt hätte. Die Propagandamaschine läuft auf beiden Seiten.

    Gefällt 2 Personen

  5. 1. Februar 2022 15:33

    Selenskyj warf der ausländischen Presse vor, Panik über die Situation im Land zu verbreiten. Er warf dem Weißen Haus vor, die Bedrohung größer darzustellen, als sie ist …

    Die Ukraine will Waffen und Selenskiy will langfristig in die NATO, er will Wirtschaftshilfen für sein marodes Land. Darum erst einmal das Kriegsgeschrei. Blöd nur dass die Bevölkerung den herbeigeredeten Krieg geglaubt hat, die hebt nun Geld ab und will ins Ausland was zur Folge hat dass es der Ukraine wirtschaftlich noch schlechter geht.
    Darum zieht Selenskyj nun die Reißleine.

    Die USA können sich einen Krieg ohnehin nicht leisten, darum haben sie der Ukraine klar gemacht dass dass sie bei einem Krieg alleine dastehen. Am wichtigsten für die USA ist der Stopp von NordStream II, dieses Ziel ist mittlerweile ich Reichweite.

    Gefällt 1 Person

  6. 1. Februar 2022 17:06

    Ausnahmsweise mal ein gutes Interview mit Sergej Netschajew dem russischen Botschafter:

    Netschajew: Deutschland, der Westen insgesamt, muss die Epoche der Beendigung des Kalten Krieges psychologisch überwinden. Nach der Wende hieß es im Westen, der Kalte Krieg sei zu Ende und es gebe einen Verlierer: die Sowjetunion. Und die Gewinner könnten dem Verlierer nun Vorschriften machen. War Russland nicht einverstanden, weil dieses Vorgehen seinen nationalen Interessen nicht entsprach, dann folgten Skepsis, Verärgerung, Drohungen, Sanktionen und Ultimaten.

    Ich bin sehr dafür, dass unsere Interessen gehört und verstanden werden. Wir sind keine Verlierer, wir sind ein gleichberechtigtes Land und ein gleichberechtigter Partner in Europa. Wir sind offen für eine gleichberechtigte, pragmatische, respektvolle Zusammenarbeit mit allen Staaten in Europa. Wir bitten nur darum, unsere Belange zu verstehen und darauf zu verzichten, uns die Leviten zu lesen und uns einen Weg zu weisen, den wir nicht akzeptieren können, aus historischen, mentalen, psychologischen Gründen, aber auch aus Sicherheitsgründen.

    NTV: Lassen Sie uns über die Sicherheitsgründe sprechen. Versteht Russland, dass sich ein Land wie die Ukraine bedroht fühlt, wenn mehr als 100.000 russische Soldaten an der Grenze aufmarschieren?

    Netschajew: Nicht „an“ der Grenze, sondern 300 bis 400 Kilometer davon entfernt. Wie viele ukrainische Soldaten stehen direkt an der russischen Grenze? Es ist eine hohe Zahl. Wir haben dem ukrainischen Volk nie gedroht. Nie. Das ukrainische Volk ist für uns ein Brudervolk, es ist praktisch dasselbe Volk.

    NTV: Die Ukraine möchte nicht nur als Volk existieren, sondern als souveräner Staat.

    Netschajew: Bei den Verhandlungen im Februar 2015 mit Bundeskanzlerin Merkel, dem französischen Präsidenten Hollande, dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko und dem russischen Präsidenten Putin stand die Frage im Raum, was mit den sogenannten nicht anerkannten Republiken geschieht. Wir haben uns damals dafür eingesetzt, dass die Ostukraine in der Ukraine verbleibt. Die Ostukrainer wollten das nicht, weil sie nicht verstanden, warum nach dem Staatsstreich in der Ukraine im Februar 2014 ihre Meinung nicht respektiert wurde. Kiew schickte Truppen in die Ostukraine und es begann die sogenannte Anti-Terror-Operation gegen eigene Leute, die keine Terroristen waren und einfach die antirussische Rhetorik vom Maidan nicht mittragen wollten.

    Das war der Anfang. Kennen Sie die Verhandlungen im Zuge der deutschen Einheit?

    NTV: Die Zwei-plus-Vier-Verhandlungen.

    Netschajew: Das waren Verhandlungen über die Regelung der äußeren Aspekte der Deutschen Einheit. Es gab klare Äußerungen von Deutschlands heutigen Verbündeten, dass die Einheit fehl am Platze sei. Aber unser Land war dafür. Bei diesen Verhandlungen gab es feste Zusagen, die inzwischen öffentlich sind. In den Gesprächsprotokollen ist schwarz auf weiß nachzulesen, dass die NATO nicht nach Osten ausgedehnt werden sollte. 14 Länder Europas sind seither Mitglied der NATO geworden. Aber nicht nur das: Die militärische Infrastruktur der NATO-Staaten nähert sich unseren Grenzen. Wir spüren Risiken für unsere Sicherheit.

    NTV: Glauben Sie, die NATO könne Russland angreifen?

    Netschajew: Es geht nicht um Glauben oder Vertrauen. Es geht um das Potenzial. Wir sehen, dass Waffen gegen uns gerichtet sind. Dass in Polen stationierte Anti-Ballistik-Missiles den Westen vor dem Iran schützen sollen – sorry, das sind Märchen der Gebrüder Grimm. Wir sehen die Gefahr eines Angriffs nicht unbedingt heute. Aber morgen kommt vielleicht eine andere Führung und sagt: Mit diesen Raketen können wir Russland drohen, es zu etwas zwingen oder sogar angreifen. Darauf müssen wir vorbereitet sein.

    https://www.n-tv.de/politik/Wir-sind-keine-Verlierer-article23096014.html

    Gefällt 1 Person

  7. Stephan Gärtner permalink
    2. Februar 2022 15:38

    Die heutige Westukraine hatte bis 1939 zu Polen gehört; die ukrainischen Nationalisten wollten die Bevölkerungsmehrheit ukrainisch machen, damit die Region nach dem Krieg der Ukraine zugeschlagen würde. Die Einwohner von Lwow beispielsweise waren 1939 nur zu 6 Prozent ukrainisch, während die Landbevölkerung der Umgegend mehrheitlich Ukrainer waren, ausgenommen einige polnische Exklaven. Bandera und seine Experten für ethnische Säuberung gingen ans Werk.

    Elliot Wells, ein Überlebender, schrieb über die ukrainischen Nationalisten unter der Führung von Stepan Bandera: Ihr Ziel »war zu beweisen, dass sie die absolute Mehrheit in diesem Gebiet stellten. Um die absolute Mehrheit zu werden, mussten sie die Polen loswerden. Die Bandera-Bande griff sich üblicherweise einen bekannten Polen, schnitt ihn in Stücke und stellte ihn an einem öffentlichen Platz aus, damit die anderen Polen ihn sähen und begriffen: Sie wollten die Polen zwingen, diesen Teil des Landes zu verlassen. Die Juden hatten vor der Bandera-Bande noch mehr Angst als vor der SS.«

    Gefällt 1 Person

    • 2. Februar 2022 16:02

      Stimmt, die ethnischen Säuberungen gegen die Polen in der Westukraine hatte ich auch thematisieren können. Sehr guter Kommentar!

      Like

  8. 4. Februar 2022 10:53

    Weil es doch so schön passt, eine der der letzten lesenswerten Kolumnen von HLG:

    I love Putin (6/2015)
    Von Hermann L. Gremliza

    Welcher Teufel muss einen Kommunisten, einen Freund aller Revolution und jeder normwidrigen Abweichung reiten, einen antikommunistischen, homophoben Autokraten von Woche zu Woche besser zu verstehen? Kürzer gefragt: Was geht mich der Wladimir Putin an? Kurz gesagt: dass die Überlebenschance heute bei Cholera größer ist als bei der Pest.

    Deren Hauch weht – wie das zwanzigste Jahrhundert lang so am Beginn des einundzwanzigsten – von Berlin aus, von einem Deutschtum, das sich »nach alter Usance bedroht fühlt, sobald es in Land-und Weltbedrohung gehemmt wird« (Karl Kraus 1933). Putin mag sich so viel Mühe geben, wie er will, Wladimir der Schreckliche zu sein – mit den Merkels, Steinmeiers und Görings nimmt er’s nicht auf.

    Und weil er’s mit ihnen nicht aufnimmt, hat er’s gegen sie aufgenommen, im letzten Moment, den die Geschichte ihm ließ, Deutschlands dritten, friedlich genannten Versuch der Aneignung Osteuropas, der »wirtschaftlichen Ergänzungsräume«, in denen – von Merkels Rechtsvorgängern so genannte – »Hilfsvölker« leben, die Stirn zu bieten.

    Putin ähnelt nach Charakter und Lage, in der er sich befindet, dem österreichischen Kanzler Engelbert Dollfuß, einem Politiker, den die parlamentarische Linke, die er nach Haus geschickt hatte, nicht ohne Grund einen Diktator nannte, der jedoch, als die österreichischen Sozis noch über den rechten Zeitpunkt eines wünschenswerten Anschlusses an das Deutsche Reich disputierten, sein Land gegen den Anschluss an das braune Reich verteidigte bis in den Tod.

    Es ist das bestgehütete Geheimnis der Kolonialmächte, die sich »der Freie Westen« nennen: dass der Frieden in Europa vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis zum Ende der Sowjetunion nicht ihnen zu verdanken war, die es gern anders gehabt hätten, sondern allein den Atomwaffen der Roten Armee. Noch zehn Jahre nach der sowjetischen Kapitulation haben die Deutschen, die USA und ihre Verbündeten fast ängstlich abgewartet, ob die Russen sich – trotz Gorbatschows und Jelzins Unterwerfung – auf ihr Arsenal und dessen politische Potenz besinnen würden. Erst als gewiss schien, dass es nicht zu fürchten sei, riskierten sie ihren Krieg zur Zerstörung Jugoslawiens.

    Was ihnen dort gelang, ist ihnen, Putin sei Dank, später in Georgien und jetzt in der Ukraine nicht mehr gelungen. Ihr Bündnis mit den Erben der dortigen SS-Kollaborateure stolpert seither von Kalamität zu Kalamität. Die Krim, zuvor auch von Russland anerkannter Teil der Ukraine, ist jetzt Teil Russlands und wird es bleiben. Und wenn die Steinmeiers und Kerrys nicht bald zur Räson kommen, wird es im Fall der Ostukraine nicht anders gehen.

    Dass der russische Präsident nicht gewartet hat, bis sie ihm das, was sie in Berlin Zeitfenster nennen, vor der Nase zuschlagen konnten – dafür hassen sie ihn, mobilisieren sie gegen den Antikommunisten denselben Hass, dasselbe Personal, dieselben Phrasen, die sie siebzig Jahre lang gegen die Kommunisten mobilisiert hatten. Wer liest und hört, wie der deutsche Leitartikel (von dem sich, wie von der Talkshow, nur noch im Singular reden lässt) mit Russland verfährt, muss glauben, im Kreml sei der Josef Wissarionowitsch auferstanden. (..)

    Dafür kommt, was die »toten Helden vom Majdan« betrifft, peu á peu eine Wahrheit heraus, die für die Ritter der Propagandakompanie eine schmerzliche zu werden verspricht. Kiews Premier Jazenjuk geht schon mal in Deckung: Bei den Ermittlungen zu den tödlichen Schüssen auf dem Majdan-Platz im Februar 2014 habe »der frühere Oberstaatsanwalt große Fehlergemacht«. Das kann nur bedeuten, dass die Regierung der Ukraine die Version, der damalige Präsident Janukowitsch habe d Schüsse befohlen, nicht durchhalten kann, und richtig so ziemlich das Gegenteil ist.

    Jazenjuks halbes Geständnis wird einmal gemeldet und nie wieder erwähnt. Journalismus war nie, wofür sie ihn ausgaben, aber jetzt können sie nur noch schiere Propaganda: »Spiegel Online« berichtet von einem Gesetz der griechischen Syriza-Regierung, das mittelständischen Unternehmen die Steuerschulden erlässt. Zu den Tausenden »von den Fesseln der Schulden befreiten« Firmen gehöre auch der griechische Fußballklub PAOK Saloniki. Dessen Besitzer sei ein Freund von Wladimir Putin. Wie lautet also des »Spiegels« Überschrift? Sie lautet: »Griechenland erlässt Fußballklub von Putin-Freund Steuerschulden. Ich hab auch was zu melden: »Merkel erhöht Schröders Kindergeld. «

    Das Lokalblatt meldet vom Treffen der Regierenden aus den sieben größten westlichen Industrienationen: »Front gegen Russland Die neue Ostfront. Der Führer ist jetzt Führerin, den Keitel macht der Steinmeier. Der Gottseibeiuns aber, in dessen Stadt, die jetzt Wolgograd heißt, seine Rote Armee den Deutschen ihr Vernichtungshandwerk legte, hat 1949 dafür gesorgt, dass seine Nachfolger im Kreml eine Waffe besitzen, sich eines neuen deutschen Angriffs zu erwehren. Anders als noch Gorbatschow, der Freund von Kohl und Luis Vuitton, ist Putin sich dessen bewusst. Ätsch! sag der Weltgeist.

    PS: Bleiben zwei Reste zu tragen schwer: Putins peinliche Kontakte zu einigen sehr rechten westlichen Parteien; und die Chuzpe der ganz normal rechten westlichen Politiker, die dem Feind moralische Vorhaltungen machen, während sie selber mit ukrainischen Nazi-Milizen kollaborieren.

    Like

  9. 6. Februar 2022 15:06

    Hat dies auf himmel und erde rebloggt.

    Gefällt 1 Person

  10. helensson permalink
    12. Februar 2022 09:06

    Danke an Breitenberger für seinen fulminanten Ukraine-Beitrag. Der daran erinnert, was unsereiner noch (immer) nicht so genau weiss oder schon wieder vergessen hat… siehe auch die Ukraine-Passagen in Erich Später / Der dritte Weltkrieg – Vorabdrucke des Buches in Konkret 2011-2014 — oder Schmidt, Helmut, kraft seiner Teilnahme am Vernichtungskrieg der WM zum dt. Lieblingskanzler erkoren … Kein Ende deutschen Siegeswahns in Sicht.

    Like

  11. 12. Februar 2022 09:53

    Zur Erinnerung hier nochmal die Abmachung von 1990: Keine Osterweiterung der NATO – Außenminister: Genscher (FDP) & James Baker (USA):

    Like

  12. 15. Februar 2022 12:49

    Hallo Manfred!

    Ich finde deine Einschätzung der Lage sehr, sehr gut. Ich habe mich absichtlich bei diesem Thema zurück gehalten, weil ich wissen wollte, wie die Stimmung so ist. Offenbar gut. Es gibt hier keine einfachen Antworten und es gibt auch keine wirklichen Lösungen für alle Seiten. Entweder man akzeptiert die eine Prämisse oder die andere, dann ordnen sich die Meinungen ganz von selbst. Wenn man das vermeiden möchte ist die meiner Meinung nach vernünftigste Art und Weise sich damit zu beschäftigen, sich zu fragen was Russland in der aktuellen geopolitischen Situation erreichen will und ob es eine Möglichkeit gibt, durch kluge Diplomatie Krieg zu vermeiden.

    Es stellt sich also zunächst die Frage, ob die Vermeidung eines Krieges wirklich die höchste Priorität hat. Man sollte dabei bedenken:ein Krieg ist für alle Seiten ein hohes Risiko. Sollte es wirklich zu organisierten Kriegshandlungen kommen, steht die russische Politik mit dem Rücken zur Wand. Fühlt sich ein autoritäres Regime in seiner Existenz bedroht, können Dinge passieren, über die wir nicht einmal nachdenken wollen. Trotzdem ist der potentielle Schaden für Russland in praktisch jedem Szenario größer als für irgendjemanden sonst. Russland hat eine schrumpfende Bevölkerung von knapp 130 Millionen, seine zivile Infrastruktur ist in noch schlimmeren Zustand als jene der USA und ökonomisch gibt es entweder die chinesische Option, aber dazu fehlt kurzfristig die Infrastruktur, die erst gebaut werden müsste oder die EU, die man nicht zusätzlich bei sich im Land haben will.
    Weiters steht fest, dass weder in der russischen noch in der ukrainischen Bevölkerung jemand Krieg will. Es ist unglücklicherweise so, dass beide wohl kaum gefragt werden, aber auch in Russland und der Ukraine ist die öffentliche Meinung eindeutig dagegen.

    Ich finde den Punkt sehr ein leuchtend zu kritisieren, dass die NATO dreißig Jahre nach dem Kalten Krieg immer noch mit denselben operationalen Zielen beschäftigt ist. Russland würde sich weniger bedroht fühlen, behauptet die russische Rhetorik, wenn die NATO Integration der Ukraine ad acta gelegt wird. Es ist die Frage, ob ein Entgegenkommen hier nicht zu weiteren Eskalationen führen wird. Heute die Ukraine, morgen die baltischen Staaten, Polen oder auch Tschechien.Nachzugeben ist ebenso ein Risiko wie es nicht zu tun. Niemand will nachträglich Chamberlain sein, wenn man sich als Churchill feiern lassen kann.

    Wenn die EU jener politische Riese sein soll, der sie werden möchte, ist eine Militarisierung unausweichlich und eine Konfrontation mit Russland mit oder ohne die USA die logische Konsequenz. Kriege muss man aber gewinnen, um von ihnen profitieren zu können. Tatsache scheint zu sein, dass in diesem Konflikt auch die Zukunft der Europäischen Union und damit der deutschen Rolle darin auf dem Spiel steht. Es scheint wenig Unterschied zu machen, ob Genscher oder Baerbock die Verhandlungen führen, das Interesse der deutschen Wirtschaft wird auf alle Fälle gewahrt werden. Und vielleicht ist das auch vernünftig so.Wenn die EU als organisatorische Struktur erhalten bleiben soll (man kann da verschiedener Meinung sein), wird sie sich geopolitisch zu Russland verhalten müssen, das heißt abstecken, was für sie akzeptabel oder eine rote Linie ist. Ist die Ukraine eine rote Linie, wird sie danach handeln müssen. Wenn sie es nicht tut, wird das auch Konsequenzen haben.

    Dieses Dilemma, dass es nur trade-offs, aber keine Lösungen gibt, schlägt hier mit unverminderter Härte zu.

    Like

    • 15. Februar 2022 18:46

      Hallo Jurek,

      vielen Dank und ja du hast schon Recht, einfache Antworten gibt es nicht. Mir ging es vor allem um die Einseitigkeit, jedenfalls hier in Deutschland. Wie es bezüglich der Ukraine-Berichterstattung in Österreich ist habe ich nicht voll auf dem Schirm.

      Ich habe Samuel P. Huntington nochmal gelesen und ich muss sagen es ist faszinierend wie er vor über 25 Jahren die heutigen Konflikte vorausgesagt hat.

      Ich bin davon überzeugt es wird in der nächsten Zeit keinen Krieg geben, jedenfalls kann weder Putin noch die NATO daran ein Interesse haben. Das Problem ist und da bin ich voll bei Huntington die gespaltene Ukraine. Solange die Westukraine dem Osten nicht eine weitreichende Autonomie und Gleichberechtigung gewährt wird der Konflikt noch sehr lange schwelen.

      Putin wird sich China zuwenden und die Infrastruktur dorthin ausbauen und sein Gas und sein Öl dorthin verkaufen, der Westen schneidet sich mit seiner mangelhaften Diplomatie ins eigene Fleisch. Ich weiß es ist so gut wie unmöglich, aber ein Bündnis der EU, mit den USA und mit Russland wäre weltpolitisch und wirtschaftlich das Beste. Die christliche Religion, also eine kulturelle Verbundenheit ist doch zweifellos gegeben. Putin hat vor gut 20 Jahren mit seiner Rede im Bundestag die Hand ausgestreckt, der Westen hat sie leider abgewiesen. Huntington hat genau diese russische Option für den Westen noch für möglich gehalten. Heute ist sie weiter weg denn je.

      Es ist eine Katastrophe, dass die NATO dreißig Jahre nach dem Kalten Krieg immer noch mit denselben Zielen beschäftigt ist. Auch Russland hat Sicherheitsinteressen, genau wie Polen und die baltischen Staaten und die Ukraine.

      Einen Krieg mit Russland gilt es aus meiner Sicht unbedingt zu verhindern und wenn ich mir die Diskussionen in den verschiedenen Parteien ansehe, dann befürchte ich, dass dieser Krieg eines Tages kommen wird. Wenn es zu diesem Krieg kommt, also deutsche Soldaten wieder auf russische Soldaten schießen, dann werden die Grünen Teil der Regierung sein. Davon bin ich überzeugt. Den Krieg den die Grünen führen werden, führen sie selbstverständlich im Namen des Friedens.

      Wird man mich zwingen, die SPD hochleben zu lassen und sie zu wählen? Ich bin bereit dazu.

      Gefällt 1 Person

      • 16. Februar 2022 11:26

        „Einen Krieg mit Russland gilt es aus meiner Sicht unbedingt zu verhindern…“

        Es stellt sich die Frage, wer aus welchen Gründen einen Krieg wollen könnte. Die Kritik an den Grünen ist berechtigt, aber die Grünen tun in erster Linie das, was Biden und das State Department ihnen vorgibt.

        Man sollte die Kritik an den USA und ihrer derzeitigen Administration hier nicht zu kurz kommen lassen. Die NATO Osterweiterung ist ein amerikanisches Projekt, für Europäer macht sie wenig Sinn.

        Wenn man einen potentiellen Krieg vermeiden will, sollte man in erster Linie (was du ja auch schreibst) die NATO entweder neu ausrichten oder ganz abschaffen.

        Wenn man darauf besteht, dass die Ukraine der NATO beitritt, ist das eine Art von Aggression, die Rußland nicht tolerieren kann und wird. Das sollte deutlich sein. Ich würde mir daher genau anschauen, was die Frau Baerbock hier wirklich beabsichtigt, denn ihre Pläne sind letztlich die Pläne der Biden Administration.

        Like

        • 16. Februar 2022 14:51

          Genauso sehe ich es auch. Im Ukraine-Konflikt spielen die USA leider eine sehr ungute Rolle und Europa ist zu schwach sich dem entgegenzustellen, geschweige denn irgendeine Strategie für die Zukunft zu entwerfen. China wird der lachende Dritte sein und alles was Huntington befürchtet hat wird eintreten. Es ist genau wie du schreibst, Baerbock ist das Sprachrohr von Biden. Gott sei Dank stellen die Grünen nicht den Kanzler, es ist kein Zufall, dass aus der SPD andere Töne kommen, wenn auch nur sehr lau. Das meinte ich mit: Wird man mich zwingen, die SPD hochleben zu lassen und sie zu wählen? Ich bin bereit dazu.

          Gefällt 1 Person

Trackbacks

  1. I love Putin | Mission Impossible
  2. Putins Krieg | Mission Impossible
  3. Das deutsche Kontinuum | Mission Impossible
  4. Das deutsche Kontinuum | Manfred Breitenberger
  5. Der westukrainische Massenmörder Stepan Bandera und seine heutigen Adepten | Mission Impossible
  6. Der Vernichtungskrieg | Mission Impossible
  7. Nie wieder Krieg ohne Deutschland | Mission Impossible
  8. Der westukrainische Massenmörder Stepan Bandera und seine heutigen Adepten | Manfred Breitenberger
  9. Die Bandera-Linke | Mission Impossible
  10. Die Bandera-Linke | Manfred Breitenberger
  11. Der Deutsche Bundestag erkennt den „Holodomor“ als Genozid an und relativiert damit den Holocaust | Mission Impossible
  12. Der Deutsche Bundestag erkennt den „Holodomor“ als Genozid an und relativiert damit den Holocaust | Fidelches Cosmos
  13. Die Bandera-Linke und ihr Kälbermarsch | Fidelches Cosmos
  14. Alexander Solschenizyn und die Ukraine | Mission Impossible
  15. Das Endspiel des Westens | Mission Impossible
  16. Die Konformisten | Mission Impossible
  17. Tucker Carlson interviewt Wladimir Putin | Mission Impossible

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..